Rz. 14
Die Pfändung erfolgt gem. § 829 ZPO. Die Pfändung des gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitseinkommens (keine rückständige Ansprüche bis zur Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses; BAG, ZInsO 2008, 869 = ZIP 2008, 979 = EBE/BAG 2008, 85 = DB 2008, 1503 = NZA 2008, 779; LAG Niedersachsen, 23.1.2007, 13 Sa 953/06 – Juris; LAG Hamm, MDR 1990, 747) erfasst ohne besonderen Ausspruch auch den fingierten Teil des Einkommens, d. h. verschleiertes Einkommen (BGH, WM 2013, 1991 = MDR 2013, 1370 = FamRZ 2013, 1970 = JurBüro 2014, 40 = Rpfleger 2014, 92 = KKZ 2014, 165 = ZAP EN-Nr 608/2013 = Vollstreckung effektiv 2013, 213 = FamRB 2014, 8 = FoVo 2014, 28; BGH, NJW 1991, 459 = DB 1991, 39; OLG Karlsruhe, NZG 2012, 299 = GWR 2012, 129; LG Bremen, JurBüro 2003, 215; a. A. LArbG Köln, DB 1988, 2060; ArbG Lübeck, MDR 1984, 174; bei Gläubigerkonkurrenz vgl. Rz. 21). Der Gläubiger muss nicht einen angeblichen Vergütungsanspruch im Sinne des § 850h Abs. 2 ZPO eigens pfänden (vgl. RAGE 19, 165, 169 f.). Das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob die materiellen Voraussetzungen des § 850h Abs. 2 ZPO vorliegen; es hat – unbeschadet zu beachtender Pfändungsschutzvorschriften – nicht über Bestand und Höhe des fingierten Vergütungsanspruchs zu befinden; dementsprechend muss der Gläubiger dazu auch nichts vortragen (vgl. LG Berlin, MDR 1961, 510; Wieczorek/Schütze/Lüke, ZPO, § 850h Rn. 22; Behr, JurBüro 1997, 214, 215; ders., JurBüro 1990, 1238). Wird der Anspruch dennoch ausdrücklich mitgepfändet, ist ein derart beantragter Ausspruch auf Mitpfändung in den Grenzen des § 850c ZPO nicht zu beanstanden (LG Wuppertal, JurBüro 2014, 161). Die Pfändung wirkt nicht für die Vergangenheit und erfasst daher nicht fiktiv aufgelaufene Lohn- oder Gehaltsrückstände. Anderes lässt sich mit dem Sinn und Zweck (vgl. Rz. 9) der Norm und einem Vergleich zu der Pfändung realer Lohn- oder Gehaltsansprüche nicht in Einklang bringen (BAG, NZA 2008, 896 = NJW 2008, 2606= DB 2008, 2088 = JurBüro 2008, 492 = ZInsO 2008, 758 = FA 2008, 256). Allerdings schließt der Wortlaut der Regelung, wonach unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- oder Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet gilt, die Pfändung fiktiven Arbeitseinkommens für die Vergangenheit nicht aus. Er zwingt jedoch auch nicht zu der Annahme, dass der Drittschuldner auch wegen jener Rückstände in Anspruch genommen werden kann, die bis zur Zustellung des Pfändungsbeschlusses fiktiv aufgelaufen sind. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nennt keinen Zeitpunkt, ab dem die angemessene Vergütung im Verhältnis des Gläubigers zum Drittschuldner als geschuldet gilt. Die Bestimmung lässt ihren zeitlichen Anwendungsbereich dem Wortlaut nach offen (BAG, ZInsO 2008, 869 = ZIP 2008, 979 = EBE/BAG 2008, 85 = DB 2008, 1503 = NZA 2008, 779). Gemäß § 832 ZPO erstreckt sich das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge. Aus dem Wort "auch" wird deutlich, dass die Pfändung den Anspruch auf Arbeitseinkommen als einheitliches Ganzes erfasst und sich auch auf Nachzahlungsansprüche für zurückliegende Zeiträume erstreckt (Geißler, Rpfleger 1987, 5 m.w.N). Allerdings ist aus der Erstreckung der Pfändungswirkung auf reale Rückstände nicht abzuleiten, dass die Pfändung fiktiven Arbeitseinkommens auch für die Vergangenheit wirkt. Denn eine Pfändung von fiktiven Rückständen lässt sich mit dem Sinn und Zweck des § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO und einem Vergleich zu der Pfändung realer Lohn- oder Gehaltsansprüche nicht in Einklang bringen (BAG, ZInsO 2008, 869 m. w. N. = ZIP 2008, 979 = EBE/BAG 2008, 85 = DB 2008, 1503 = NZA 2008, 779).
Rz. 15
Im Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses müssen die Voraussetzungen des Bestehens eines Anspruchs auf angemessene Vergütung nicht dargelegt werden. Es wird lediglich der angebliche Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner als fingierte Forderung nach §§ 850c, 850d ZPO oder § 850f Abs. 2 ZPO gepfändet. Die Frage, ob dem Schuldner gegen den Drittschuldner ein Anspruch auf angemessene Vergütung zusteht, ist i. d. R. Drittschuldnerprozesses (s. Rz. 16 ff.) zu klären (LG Bremen, JurBüro 2003, 215).