Rz. 1
Abs. 1 der Norm bestimmt die Unpfändbarkeit und damit auch die Insolvenzfreiheit (BGH, NJW, 2001, 1490 = WM 2001, 202 = DB 2001, 138 = MDR 2001, 340 = BGHReport 2001, 170) von Forderungen sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Norm ist im Zusammenhang mit § 400 BGB zu sehen, wonach eine Forderung nicht abgetreten werden kann, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist. Die Vorschrift stellt allein darauf ab, ob eine Forderung als solche nicht übertragbar ist (BGHZ 141, 173; BGH, Vollstreckung effektiv 2009, 44 = NJW-RR 2009, 411 = Rpfleger 2009, 90 = KKZ 2010, 159 = MDR 2009, 106 = BGHReport 2009, 312 = GuT 2010, 460). Eine Forderung ist dann nicht übertragbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann.
Rz. 2
Dies ist dann anzunehmen,
- wenn die Leistung auf höchstpersönlichen Ansprüchen des Berechtigten beruht, die nur er selbst erheben kann,
- wenn – anders als bei höchstpersönlichen Ansprüchen – ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist, oder
- wenn ohne Veränderung des Leistungsinhalts die dem Gläubiger gebührende Leistung mit seiner Person derart verknüpft ist, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger als eine andere Leistung erscheinen würde (BGH, ZIP 2012, 34 = WM 2012, 46 = DB 2012, 110 = ZInsO 2012, 77 = MDR 2012, 188 = NJW 2012, 678; BGH, BGHZ 56, 228 = NJW 1971, 1750 = MDR 1971, 743 = WM 1971, 933 = BB 1971, 889; BGH, NJW 1986, 713, 714; BGH, NJW-RR 2010, 1235).
Rz. 3
In allen diesen drei Fallgruppen ist die Abtretbarkeit ausgeschlossen, weil andernfalls die Identität der abgetretenen Forderung nicht gewahrt bliebe. Hingegen genügt es für die Anwendbarkeit nach Abs. 1 nicht ohne weiteres, wenn eine Forderung ihrem Inhalt und ihrer Zweckbestimmung nach übertragbar ist und lediglich bestimmten Gläubigern die Abtretung verboten oder diese nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet wird. In derartigen Fällen kann erst eine Auslegung des beschränkenden Gesetzes ergeben, ob es sich zwingend auch gg. eine Pfändbarkeit richtet (BGH, BGHZ 141, 173 = ZIP 1999, 621 = WM 1999, 787 = NJW 1999, 1544 = ZInsO 1999, 280 = Rpfleger 1999, 336 = DB 1999, 1258 = MDR 1999, 826 = InVo 1999, 205 = NZI 1999, 191= KTS 1999, 372 = VersR 2000, 1247; BGH, WM 2013, 572 = ZIP 2013, 586 = ZInsO 2013, 547; BGH, WM 2014, 1141 = ZInsO 2014, 1213 = ZIP 2014, 1235 = ZVI 2014, 275 = MDR 2014, 861 = NZI 2014, 656 = Streit 2014, 72 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2014, 60).
Rz. 4
Die Unübertragbarkeit kann sich aus Vorschriften des materiellen Rechts ergeben. Auf dieser Grundlage hat der BGH (Vollstreckung effektiv 2007, 92 = MDR 2007, 485 = Rpfleger 2007, 272 = InVo 2007, 246 = NJW-RR 2007, 1219 = WM 2007, 2156 = KKZ 2008, 184 = BGHReport 2007, 318) z. B. die Pfändung der dem Milcherzeuger zustehenden Anlieferungs-Referenzmenge nicht nach Abs. 1 als ausgeschlossen gesehen, obwohl sie grds. nur innerhalb bestimmter Bereiche und nur an einen Übernehmer übertragbar ist, der entweder selbst oder durch seinen Ehegatten Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käufer liefert oder mit der Milchlieferung beginnt (§§ 7 Abs. 5, 8 Abs. 3 MilchAbgV in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.08.2004). Gleiches gilt bei der Betriebsprämie aus der GAP-Agrarreform (BGH, Vollstreckung effektiv 2009, 44 = Rpfleger 2009, 90 = AUR 2009, 28 = NJW-RR 2009, 411 = KKZ 2010, 159 = MDR 2009, 106 = BGHReport 2009, 312 = GuT 2010, 460).
Rz. 5
Abs. 2 bezweckt zu vermeiden, dass der Schuldner durch die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes die Forderung dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht (BGH, BGHZ 56, 228 = NJW 1971, 1750 = MDR 1971, 743 = BB 1971, 889 = WM 1971, 933). Dies meint jedoch nicht Fälle des § 399 Alt. 1 BGB. Diese sind entgegen des – zu weit gefassten – Wortlauts nicht vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst (BGH, NJW 2001, 1937; LG Köln, ZMR 2011, 320 = MietRB 2011, 50; MünchKomm/ZPO-Smid, § 851 Rn. 8; Musielak/Voit/Becker, § 851 Rn. 3; Zöller/Herget, § 851 Rn. 3). Die Norm gilt ebenso nicht für zweckgebundene Ansprüche (BGH, NJW 1985, 2263 = FamRZ 1985, 802).