3.1 Unentbehrlichkeit von Miet-, Pachteinnahmen (Absatz 1)
Rz. 3
Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist, dass dem Schuldner als Eigentümer bzw. Miteigentümer (OLG Köln, OLGZ 1992, 81), Pächter bzw. Nießbraucher von Grundstücken oder Eigentumswohnungen (also nicht beweglichen Gegenständen und Rechten) neben den Miet- und Pachteinnahmen keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, um die Unterhaltung, Instandsetzung oder Befriedigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 4 ZVG vorrangiger dinglicher Gläubiger zu bewirken (KG, NJW 1969, 1860). Der Schutz erstreckt sich auch auf Barmittel und Guthaben, die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrühren und zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken unentbehrlich sind (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 7.6.12, L 5 AS 193/12 B ER – Juris). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Schuldner glaubhaft zu machen (Abs. 4 Satz 2), ansonsten ist nicht von einer Unentbehrlichkeit auszugehen. Zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks gehören z. B. Kehrichtabfuhr- und Straßenreinigungsgebühren, Wassergeld, Feuerversicherung, Fahrstuhlunterhaltung, Gas- und Elektrizitätskosten, Pförtnerlöhne, Sammelheizung, Treppenbeleuchtung, Anliegerbeiträge (Zöller/Herget, § 851b Rn. 3), ebenso Kosten der Hausverwaltung (Zöller/Herget, § 851b Rn. 3; a. A. AG Schöneberg, JurBüro 2001, 326). Mietzinsen sind nur insoweit von der Pfändung freizustellen, als sie zur Befriedigung von Ansprüchen aus Rechten an dem Grundstück unentbehrlich sind, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück den Ansprüchen des Gläubigers vorgehen würden. Diese Voraussetzungen liegen bei Zahlungen, die auf Grundpfandrechten beruhen, die erst nach der Pfändung der Mieteinnahmen eingetragen wurden, nicht vor (LG Berlin, Rpfleger 1990, 377).
Rz. 4
Nicht ausreichend ist es, wenn die vom Schuldner auszugleichende Belastung auf Mieter im Wege der Nebenkostenvorauszahlung umzulegen ist. Denn erhält der Schuldner diese Vorauszahlung tatsächlich, stehen ihm diese anderweitigen Mittel zum Ausgleich zur Verfügung. Dies wird insbesondere für die umlagefähigen Belastungen nach der II. BV wie etwa die Grundsteuer, die Haftpflichtversicherung für das Anwesen, Abwasser-, Oberflächenwasser- oder Wasserabgaben zu beachten sein. Der Pfändungsschutz kann nur soweit gehen, wie die Mieteinnahmen zum tatsächlichen Ausgleich der in der Vorschrift aufgeführten Forderungen benötigt werden. Regelmäßig wird also nur ein fester Betrag, etwa die Hypothekenzinsen, als Teil der Miete als unpfändbar gelten dürfen.
3.2 Schuldnerantrag (Absatz 2)
Rz. 5
Abs. 2 bestimmt, dass der Schuldners einen Antrag (VG Gießen, DÖV 2013, 572) nach Abs. 1 binnen zwei Wochen ab Pfändung (§ 829 Abs. 3 ZPO; Fristberechnung nach § 222 ZPO) zu stellen hat. Eine Beschränkung von Amts wegen bereits im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf die Kaltmiete ist unzulässig, sodass die gesamte Forderung vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst ist (AG Lörrach, Vollstreckung effektiv 2019, 35). Der Antrag kann mündlich oder schriftlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Anwaltszwang besteht nicht. Die Frist ist keine Notfrist, so dass eine Wiedereinsetzung ausscheidet. Die Vorschrift entspricht der Regelung in § 813b Abs. 2 ZPO in der Fassung bis zum 31.12.2012 (BT-Drucks. 16/10069/35).