Rz. 6
.Die Norm regelt die Voraussetzungen, die ein Vertrag, der der finanziellen Absicherung des Schuldners im Alter dienen soll, erfüllen muss, damit die Leistungen aus diesem Vertrag vor einem unbeschränkten Gläubigerzugriff geschützt sind. Die Vorschrift setzt voraus, dass das Kapital aus einem nach § 10a EStG und Abschnitt XI EStG geförderten Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge, der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und dem Anspruch auf die Zulage gemäß § 97 EStG nicht übertragbar und bereits deshalb nicht pfändbar ist (BT-Drucks. 16/886 S. 10; BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 59 = DGVZ 2018, 60 = NJW 2018, 1166 = Rpfleger 2018, 278; zur (Un)Pfändbarkeit von "Riester-Verträgen" vgl. § 851 Rz. 6). Damit die Renten nur wie Arbeitseinkommen gem. den §§ 850 ZPO bis 850g ZPO gepfändet werden können, müssen folgende Voraussetzungen im Zeitpunkt der Pfändung kumulativ vorliegen (vgl. BT-Drucks. 16/886 S. 8; BGH, VuR 2010, 38 = RuS 2009, 472; OLG Hamm, ZInsO 2009, 2339).
Rz. 7
Nr. 1: die Leistung wird in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt: eine zeitlich beschränkte Berufsunfähigkeitsrente erfasst die Regelung, wenn diese Bestandteil einer lebenslange Rente ist. Dies gilt nicht, wenn nach ihrem Ende keine Altersrente einsetzt (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493; BGH WM 2012, 1870 = ZIP 2012, 1933; Zöller/Herget, § 851c, Rn. 2); eine Kapitallebensversicherung mit Einmalzahlung scheidet ebenso aus (LG Dortmund, 20.1.2009, 2 O 153/08 – Juris).
Rz. 8
Nr. 2: über die Ansprüche aus dem Vertrag darf nicht verfügt werden (vgl. BT-Drucks. 16/886 S. 14): insofern scheidet eine Abtretung (§ 168 VVG; LG Dortmund, 20.1.2009, 2 O 153/08 – juris; bzw. Verpfändung aus. Widerruft ein Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der Abtretung die bisherigen Bezugsrechte, so nimmt er ihr den versorgungsrechtlichen Charakter, um sie nun zur Gläubigerbefriedigung bzw. -absicherung verwenden zu können (OLG Frankfurt, VersR 1996, 614). Ein Abtretungsverbot, aufgrund dessen eine Unpfändbarkeit der Altersrente aus einem Lebensversicherungsvertrag anzunehmen wäre, ist allerdings nicht gegeben, wenn nach dem Versicherungsvertrag eine Abtretung erst mit der schriftlichen Anzeige durch den Berechtigten wirksam werden soll. In diesem Fall ist von der grundsätzlichen Abtretbarkeit und Verpfändbarkeit auszugehen (BGH, VuR 2010, 38).
Rz. 9
Nr. 3: die Bestimmung von Dritten ist mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen: die ZPO definiert den Begriff des Hinterbliebenen nicht. In der Literatur werden darunter der Ehegatte, die Kinder und Pflegekinder verstanden (MünchKomm/ZPO-Smid, § 851c, Rn. 3; Zöller/Herget, § 851c, Rn. 2), weiterhin überwiegend auch der eingetragene Lebenspartner (Musielak/Voit/Becker, § 851c, Rn. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 851c, Rn. 7; Stöber, Rn. 71a; Pape, ZAP Fach 14 S. 529, 532; Stöber, NJW 2007, 1242, 1245; Hasse, VersR 2007, 870, 885; Smid, FPR 2007, 443, 446; Wimmer, ZInsO 2007, 281, 283 f.; Holzer, ZVI 2007, 113, 116; ders., DStR 2007, 767, 769 f.; Helwich, JurBüro 2007, 286, 288). Eine Lebensgefährtin fällt demgemäß nicht in den Kreis der Hinterbliebenen (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = WM 2011, 128 = NZI 2011, 67 = FamRZ 2011, 291 = Rpfleger 2011, 220 = ZEV 2011, 204 = JurBüro 2011, 214 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493 unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Regelung; BT-Drucks. 16/3844 S. 12), lässt daher bei Benennung den Pfändungsschutz entfallen. Entfällt allerdings das Bezugsrecht des Dritten (Lebensgefährtin) nach der vertraglichen Regelung später (unwiderruflich), greift der Pfändungsschutz ab dem späteren Zeitpunkt (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493).
Lediglich Hartmann (in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 851c, Rn. 7) geht – allerdings ohne Begründung – darüber hinaus, indem er jeden Verwandten unabhängig vom Verwandtschaftsgrad in den Kreis der Hinterbliebenen aufnimmt, daneben aber auch den Ehegatten und den Lebensgefährten.
Rz. 10
Nr. 4: die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, wurde nicht vereinbart (OLG Frankfurt, VersR 2012, 169; Stöber, NJW 2007, 1242, 1244). Nach der Rechtsprechung des BGH hindert es den Pfändungsschutz nach Abs. 1 ZPO nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht, wenn dem Schuldner vertraglich ein Kapitalisierungsrecht eingeräumt war, dieses Recht zur Zeit der Pfändung aber nicht mehr bestand (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493; OLG Stuttgart, ZInsO 2012, 281 = NZI 2012, 250 = ZVI 2012, 68 = DB 2012, 174 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2012, 21).
Rz. 11
Die vorgenannten Voraussetzungen hat der Gesetzgeber geschaffen, um sicher zu stellen, dass der Pfändungsschutz auf solches Vorsorgekapital beschränkt wird, das von dem Berechtigten unwiderruflich seiner Altersvorsorge...