7.15.1 Todesfalllebensversicherung/Sterbegeldversicherung
Rz. 98
Bei der Sterbegeldversicherung handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung, die lebenslänglich abgeschlossen wurde und im Todesfall an einen bei Abschluss benannten Begünstigten ausgezahlt wird. Die Versicherungssumme ist meistens gering, da sie bezweckt, den Hinterbliebenen die Beerdigungskosten zu ersparen. Diese werden von der Sterbegeldversicherung im Todesfall des Versicherten übernommen.
Für einen Gläubiger kann eine solche Versicherung u. U. dennoch pfändbar sein. Der BGH (NJW-RR 2008, 412 = RuS 2008, 120 = BGHReport 2008, 400 = Rpfleger 2008, 267 = JurBüro 2008, 212 = DB 2008, 1040 = Vollstreckung effektiv 2016, 15 = FoVo 2009, 23) hat klargestellt, dass eine Sterbegeldversicherung nur pfändbar ist, wenn die Versicherungssumme den Betrag von 3.579 EUR übersteigt. Somit ist die Höhe des Rückkaufswerts entscheidend für den Erfolg des Gläubigers. Da die monatlichen Raten nicht besonders hoch sind, liegt die Versicherungssumme regelmäßig nur im Bereich der als durchschnittlich angesehenen Beerdigungskosten i. H. v. 3.579 EUR. Entscheidend ist daher für einen Gläubiger, wie hoch der Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Pfändung ist. Liegt dieser unter dem o. g. Betrag, kann nicht gepfändet werden. Der BGH (NJW-RR 2008, 412 = RuS 2008, 120 = BGHReport 2008, 400 = Rpfleger 2008, 267 = JurBüro 2008, 212 = DB 2008, 1040 = Vollstreckung effektiv 2016, 15 = FoVo 2009, 23) hat sich zudem auch mit der Frage beschäftigt, ob der volle Anspruch oder nur der den o. g. Sockelbetrag übersteigende Teil pfändbar ist. Er stellt klar, dass nur der Betrag über der Versicherungssumme von 3.579 EUR ist pfändbar. Hier muss dann ggf. anteilig an den Gläubiger ausgekehrt werden.
Die Pfändbarkeit einer die Summe von 3.579 EUR übersteigenden Versicherung kann sich aber nur nach § 850b Abs. 2 ZPO ergeben. Das Vollstreckungsgericht muss daher festgestellt haben, dass die Pfändung billig ist. Hiernach können eigentlich unpfändbare Bezüge nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners den Gläubiger nicht vollständig befriedigt hat oder voraussichtlich nicht dazu führen wird. Des Weiteren muss die Pfändung nach den Umständen des Falls billig sein, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge. Nur wenn positiv feststeht, dass diese besonderen Voraussetzungen für die Pfändung vorliegen, darf sie auch zugelassen werden. Dies ist regelmäßig zu verneinen, wenn der Schuldner sozialhilfebedürftig würde. Es ist auch zu verneinen, wenn die Angehörigen des Schuldners im Fall einer Pfändung der Ansprüche auf staatliche Hilfe angewiesen wären, um die Bestattungskosten zu bestreiten. Hierzu muss der Gläubiger somit vortragen.
7.15.2 Haftpflichtversicherung
Rz. 98a
Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung (§§ 149 ff. VVG) des Schuldners als Versicherungsnehmer gegen den Versicherer sind nicht auf Zahlung, sondern auf Befreiung des Versicherungsnehmers (Versicherten) von der Haftpflichtschuld gerichtet. Der Befreiungsanspruch ist für Gläubiger des Versicherten nicht pfändbar. Nur der Verletzte (Haftpflichtgläubiger) kann als Gläubiger wegen seines auf die Zahlung einer Geldforderung gerichteten Schadensersatzanspruchs diesen Schuldbefreiungsanspruch gegen den Versicherten pfänden (BGH, VersR 1963, 421). Pfändbar werden Ansprüche des Schuldners aus einer Haftpflichtversicherung nur dann, wenn der Versicherte von der ihm im Rahmen der Versicherungsbedingungen eingeräumten Befugnis, den Haftpflichtgläubiger selbst zu befriedigen, Gebrauch macht. Damit wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch gegen den Versicherer um, der dann wie jede Geldforderung gepfändet werden kann (BGH, NJW 1968, 836). Pfändbar ist auch der Anspruch auf Prämienrückvergütung und Erstattung eines zu viel gezahlten Betrags (AG Sinzig NJW-RR 1986, 967).
7.15.3 Rechtsschutzversicherung
Rz. 98b
Auch der Anspruch aus einer Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von einer Schuld gerichtet. Als solcher Anspruch ist er – gleich dem aus der Haftpflichtversicherung – nicht pfändbar. Auch hier gilt, dass der Anspruch sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn der Versicherte den Gläubiger (z. B. Rechtsanwalt) befriedigt. Der beantragten Pfändung steht nicht entgegen, dass der Schuldner aus den Rechtsschutzversicherungsverträgen gegen den Drittschuldner möglicherweise überhaupt keine Zahlungs-, sondern allenfalls grds. unpfändbare Freistellungsansprüche zustehen. Da es nach dem Vorbringen der Gläubigerin möglich ist, dass der Schuldner Kosten, von denen er vom Drittschuldner Freistellung verlangen kann, bereits selbst bezahlt hat, können ihm pfändbare Zahlungsansprüche gegen den Drittschuldner zustehen (OLG Hamm, WM 1984, 704).
7.15.4 Unfallversicherung
Rz. 98c
Bei Ansprüchen aus Unfallversicherung (§ 179 VVG) ist zunächst zu unterscheiden, ob die Versicherung gegen Unfälle, die dem Versicherungsnehmer selbst zustoßen, oder gegen solche, die Dritten zustoßen (z. B. Insassenunfallversicherung) abgeschlossen wurde...