Rz. 3
Gepfändet wird der Anteil am Gesellschaftsvermögen, also das Wertrecht, das die zum Gesellschaftsanteil gehörenden Vermögensrechte repräsentiert (BGH, DB 2019, 1200 = WM 2019, 930 = ZIP 2019, 1038 = ZInsO 2019, 1118; BGH, DB 1986, 1517 = NJW 1986, 1991 = Rpfleger 1986, 308). Die Pfändung erfolgt als Rechts-, nicht als Forderungspfändung, und zwar bezogen auf die aus der Gesellschafterstellung fließenden Rechte nach §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO. Während Gläubiger der Gesellschaft unbeschränkt in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken können, wenn entweder ein Titel gegen die Gesellschaft oder ein Titel gegen alle Gesellschafter vorliegt, ist dies dem Privatgläubiger eines Gesellschafters untersagt. Erforderlich ist daher ein Titel gegen den Gesellschafter. Die Pfändung ist auch zulässig, wenn die Anteilsübertragung im Gesellschaftsvertrag von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig gemacht worden ist (Stöber, Rn. 1559).
Rz. 4
Da die Gesellschaft rechtsfähig ist (BGH, Vollstreckung effektiv 2001, 29 = WM 2001, 408 = ZIP 2001, 330 = ZInsO 2001, 218 = DGVZ 2001, 59 = MDR 2001, 459 = Rpfleger 2001, 246 = JurBüro 2001, 319) handelt es sich beim Gesellschaftsvermögen und dem Privatvermögen eines Gesellschafters um zwei unterschiedliche Vermögensmassen und damit um verschiedene Rechtssub- und -objekte.
Rz. 5
Neben der isolierten Pfändung von dem einem Gesellschafter zustehenden Einzelansprüchen (z. B. Gewinnanteil, Aufwendungsersatz, Auseinandersetzungsguthaben) kommt daneben noch die Anteilspfändung in Betracht.
Der Pfändungsbeschluss muss erkennen lassen, dass der Gesellschaftsanteil und nicht nur einzelne Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft (§ 717 Satz 2 BGB) gepfändet werden sollen; dabei muss die Gesellschaft genau bezeichnet werden.
Rz. 6
Drittschuldner ist die Gesellschaft. Obwohl der einzelne Gesellschafter über seinen Gesellschaftsanteil und damit über den darin verkörperten Wert nicht ohne Zustimmung seiner Mitgesellschafter verfügen kann, diese also mitbetroffen sind, wenn es um Verfügungen über den Anteil und damit auch um dessen Pfändung geht, erfordert dieser Umstand doch nicht zwangsläufig die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an alle Gesellschafter. Denn der Pfändungspfandgläubiger kann den Anteil nicht durch Veräußerung verwerten, sondern nur das Gesellschaftsverhältnis kündigen; er ist also in jedem Falle auf Ansprüche gegen die Gesellschaft verwiesen, seien es Ansprüche auf Auszahlung entnahmefähiger Gewinne, auf Abfindung oder auf das Auseinandersetzungsguthaben. Schuldner ist in allen Fällen die Gesamthand. Dieser, vertreten durch ihren bzw. ihre Geschäftsführer, ist deshalb auch der Pfändungsbeschluss zuzustellen (BGH, DB 1986, 1517 = NJW 1986, 1991 = Rpfleger 1986, 308). Für die Pfändung reicht es aus, dass der Pfändungsbeschluss – anstatt allen – nur den geschäftsführenden Gesellschaftern oder dem Geschäftsführer zugestellt wird (BGH, Vollstreckung effektiv 2006, 131 = WM 2006, 1221 = ZVI 2006, 239 = ZIP 2006, 1318 = NJW 2006, 2191 = DGVZ 2006, 86 = Rpfleger 2006, 478 = MDR 2006, 1254; BGH, BGHZ 97, 392 = WM 1986, 719 = ZIP 1986, 776 = BB 1986, 1176 = DB 1986, 1517 = NJW 1986, 1991 = Rpfleger 1986, 308 = MDR 1986, 825 = JurBüro 1986, 1505). In jedem Fall bewirkt die Zustellung an alle (übrigen) Gesellschafter eine wirksame Pfändung. Sie ist grundsätzlich auch empfehlenswert, um sicherzugehen, dass die Pfändung wirksam wird. Denn die Regelung der Vertretung (§ 714 BGB) ist oft nicht sicher bekannt.
2.1 Pfändungswirkungen
Rz. 7
Von der Pfändung des Gesellschaftsanteils wird die Gesamtheit der Gesellschafterrechte des Schuldners erfasst, soweit sie pfändbar sind, also – im Gegensatz zu Verwaltungs- und Auskunftsrechten (§ 717 Satz 2 BGB; BGH, ZIP 1992, 109 = WM 1992, 366 = MDR 1992, 294 = KKZ 1992, 178; BGH, WM 1972, 81; vgl. auch BGHZ 97, 392, 394 f). Die Pfändung erfasst somit die Gesamtheit der aus dem Gesellschaftsverhältnis folgenden abtretbaren und pfändbaren wirtschaftlichen Rechte und Ansprüche des Gesellschafter-Schuldners gegen die Gesellschaft. Pfändung und Überweisung ermächtigen den Gläubiger zu allen im Recht des Schuldners begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen, etwa zur Kündigung nach § 725 BGB, § 135 HGB oder § 9 Abs. 2 PartGG zwecks Realisierung des Auseinandersetzungsguthabens (BGH, DB 2019, 1200 = WM 2019, 930 = ZIP 2019, 1038 = ZInsO 2019, 1118; BGH BGHZ 116, 222; zur Verwertung vgl. Rz. 13 ff.).
§ 859 Abs. 1 S. 1 ZPO regelt mithin das typisch personengesellschaftsrechtliche Problem, dass einerseits eine Vollstreckung in den im Gesellschaftsanteil verkörperten Vermögenswert zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers grundsätzlich möglich sein muss, die Gläubiger des Gesellschafters also nicht darauf beschränkt sein dürfen, die laufenden Gewinn und ähnliche Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis zu verwerten, andererseits die Gesellschafter in der Regel ein schützenswertes Interesse daran haben, dass Dritte sich nicht als Gesellschafter aufdrängen. Der Gläubiger...