Rz. 4

Nach § 864 Abs. 2 ZPO ist die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks grundsätzlich nur zulässig, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Das kann jeder Anteil i. S. v. §§ 741 ff., 1008 BGB sein, auch der nach § 3 Abs. 6 GBO gebuchte, nicht aber ein Gesamthandsanteil wie Gesellschaftsvermögen (§ 719 BGB, §§ 736, 859 Abs. 1 ZPO) oder das Nachlassgrundstück einer Erbengemeinschaft (§§ 2032, 2040 BGB, §§ 747, 859 Abs. 2 ZPO; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 21.7.2017, 12 Wx 12/17 – Juris). Steht das Grundstück im Eigentum mehrerer Miteigentümer (§ 741 BGB), unterliegt es der Immobiliarvollstreckung, wenn es sich entweder um den im Grundbuch eingetragenen (§ 47 GBO) Anteil eines Miteigentümers nach § 1008 BGB handelt (vgl. auch OLG München, ZAP EN-Nr 493/2009) oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher noch belastet ist.

 

Rz. 5

Die Zwangsvollstreckung in einen Grundstücksmiteigentumsanteil nach Vereinigung aller Grundstücksteile zu Alleineigentum ist streitig.

Die Belastung eines früheren, nicht mehr bestehenden Miteigentumsanteils ist grundsätzlich unzulässig (BGH,   FamRZ 2013, 1734 = Rpfleger 2013, 668 = Rpfleger 2014, 9 = NJW 2013, 3786 = ErbR 2014, 29 = ZErb 2014, 54 = DNotZ 2014, 108).

§ 864 Abs. 2 Fall 1 ZPO schließt die Zwangsvollstreckung in einen Bruchteil eines im Alleineigentum stehenden Grundstücks grundsätzlich aus (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 463, 464; OLG Oldenburg, ZIP 1996, 175).

Liegen hingegen die Voraussetzungen nach § 864 Abs. 2 Fall 2 ZPO vor, ist die Vollstreckung zulässig. Dann allerdings muss sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründen, mit dem der Bruchteil als solcher belastet ist. Dies ist gegeben, wenn der Bruchteil zur Zeit der Belastung (nach §§ 1106, 1114, 1192, 1199 BGB) in dem Anteil eines Miteigentümers bestand und sich die Anteile danach in einer Hand vereinigt haben (vgl. Schuschke/Walker/Zoll, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, § 864 Rn. 5; Stein/Jonas/Münzberg, § 864 Rn. 17; Zöller/Seibel, § 864 Rn. 7). Eine erstmalige beantragte Belastung eines Bruchteils des Alleineigentums ist dagegen auch nach dieser Vorschrift grundsätzlich nicht zulässig (OLG Schleswig, FGPrax 2011, 69, 70). Eine entsprechende Anwendung des § 864 Abs. 2 Fall 2 ZPO für einen Vollstreckungszugriff in den nicht mehr bestehenden Miteigentumsanteil wird allerdings in bestimmten Ausnahmefällen anerkannt:

  • Ist der Miteigentumsanteil in anfechtbarer Weise (nach §§ 3 ff. AnfG) erworben worden, so wird für die von dem Schuldner zu duldenden Vollstreckungsmaßnahmen der übertragene Miteigentumsanteil als fortbestehend fingiert und die Zwangsvollstreckung in diesen Anteil zugelassen (BGH, NJW 2013, 3786 = ZErb 2014, 54; BGH, MDR 1984, 486 = NJW 1984, 1968; BGH, WM 1972, 363; BGH, WM 1982, 1259; OLG Celle, OLGR Celle 2005, 15 m. w. N.; OLG Köln, MDR 1984, 939; BayObLG, NJW 1968, 1431).
  • Dasselbe ist in den Fällen der Vermögensübernahme nach § 419 BGB a. F. anerkannt worden, wenn der Übernehmer durch diese Alleineigentümer eines Grundstücks geworden war; der Übernehmer hatte dann die Zwangsvollstreckung in den ihm übertragenen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu dulden, weil andernfalls eine Vollstreckung aus einem Urteil, das den Übernehmer gemäß § 419 Abs. 2 BGB a. F. zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das übernommene Vermögen verurteilt hatte, nicht möglich gewesen wäre (OLG Jena, JW 1935, 3647, 3648).
  • Die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung in den ehemaligen Miteigentumsanteil des Erblassers ist schließlich bejaht worden, wenn der Erbe, der mit dem Erbfall Alleineigentümer geworden ist, infolge einer von ihm geltend gemachten Haftungsbeschränkung nach § 1990 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Gläubiger den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben hat (OLG Schleswig, FGPrax 2011, 69, 70).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich der allgemeine Grundsatz, dass ein früherer Miteigentumsanteil in der Zwangsvollstreckung als fortbestehend fingiert wird, wenn die Haftung des jetzigen Alleineigentümers auf den früheren Miteigentumsanteil beschränkt ist. So verhält es sich z. B. bei einem Titel zur Durchsetzung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Beschenkten nach § 2329 Abs. 1 BGB. Der Beschenkte ist nach dieser Vorschrift verpflichtet, das Geschenk zum Zwecke der Befriedigung des Pflichtteilsberechtigten wegen des Geldbetrags, den dieser nicht nach § 2325 BGB von dem Erben beanspruchen kann, nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben. Er hat die Zwangsvollstreckung in den geschenkten Vermögensgegenstand, um den er bereichert ist, wegen des dem Pflichtteilsberechtigten zustehenden Geldbetrags zu dulden (BGH, BGHZ 17, 336, 339; BGH, BGHZ 85, 274, 282 = DNotZ 1983, 374 = NJW 1983, 1485). Die Durchsetzung dieses Anspruchs kann auch hier nur dadurch erfolgen, dass der von dem Erblasser geschenkte Miteigentumsanteil für die Befriedigung des Pflicht...

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