1 Allgemeines
Rz. 1
Ist ein Gegenstand von mehreren Gläubigern gepfändet worden (§ 826 ZPO), dann sind diese aus dem Vollstreckungserlös zu befriedigen, wobei der Rang der Pfandrechte (§ 804 ZPO) zu berücksichtigen ist. Reicht der Erlös für alle Gläubiger aus oder einigen sich die beteiligten Gläubiger über die Verteilung des Erlöses, treten keine Probleme auf. Dies ist aber dann der Fall, wenn der Erlös zur Deckung aller Forderungen der Pfändungsgläubiger nicht genügt und diese sich auch nicht über die Verteilung (des Mangels) einigen können. Der Gerichtsvollzieher hat dann den Erlös zu hinterlegen und die Sachlage dem Vollstreckungsgericht anzuzeigen (§ 827 Abs. 2 ZPO); das gilt auch dann, wenn die Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig bewirkt worden ist (§ 827 Abs. 3 ZPO). Damit soll dem Gerichtsvollzieher die Entscheidung über die Verteilung des Erlöses unter den Gläubigern abgenommen werden. Es wird von Amts wegen ein gerichtliches Verteilungsverfahren eingeleitet.
2 Normzweck
Rz. 2
Das von Amts wegen durchzuführende Verteilungsverfahren dient dazu, die Berechtigung und das Rangverhältnis der Pfändungsgläubiger verbindlich zu klären und damit die Auszahlung des hinterlegten Betrags nach Maßgabe des Rangverhältnisses zu ermöglichen (OLG Karlsruhe, InVo 2007, 79). Hierzu ist die Aufstellung eines Teilungsplans (§ 874 ZPO) durch das Vollstreckungsgericht als Verteilungsgericht (§ 873 ZPO; funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers gem. § 20 Nr. 17 RPflG) vorgesehen, gegen den die beteiligten Gläubiger im Termin Widerspruch und – wenn es zu keiner Einigung kommt – Widerspruchsklage zum Verteilungsgericht (oder zum LG, in dessen Bezirk das Verteilungsgericht seinen Sitz hat) erheben können (§§ 876 bis 879 ZPO). In dem Urteil, durch das über einen erhobenen Widerspruch entschieden wird, ist im Regelfall zugleich zu bestimmen, an welche Gläubiger und in welchen Beträgen der streitige Teil der Masse auszuzahlen ist; ansonsten ist die Anfertigung eines neuen Teilungsplans und ein anderweitiges Verteilungsverfahren anzuordnen (§ 880 ZPO). Aufgrund des erlassenen Urteils wird die Auszahlung oder das anderweitige Verteilungsverfahren von dem Verteilungsgericht angeordnet (§ 881 ZPO). Damit stellen §§ 872ff. ZPO besondere Regelungen für die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen und an wen welcher Teil des hinterlegten Betrags herauszugeben ist.
3 Anwendungsbereich
Rz. 3
Das Verteilungsverfahren tritt ein, wenn ein aufgrund Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (§§ 803 bis 863 ZPO) hinterlegter Geldbetrag zur Befriedigung der beteiligten Gläubiger nicht ausreicht. Insofern erstreckt sich der Anwendungsbereich der Norm zum einen auf die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers in den Fällen der §§ 827 Abs. 2, 3, 854 Abs. 2, 3 ZPO sowie im Fall der Forderungsvollstreckung nach § 853 ZPO, wenn der Drittschuldner aufgrund mehrerer Pfändungen (nicht unbedingt Überweisungen) den Erlös oder Schuldbetrag zu hinterlegen hat. Die Vorschrift findet gleichfalls Anwendung bei der Verteilung von zugunsten von Verletzten sichergestellten Vermögenswerten (LG Berlin, wistra 2004, 280).
Rz. 4
Eine Anwendbarkeit der Regelung scheidet bei gesetzlichen und vertraglichen Pfandrechten aus. Letzteren falls ist durch den Gläubiger Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 ZPO zu erheben. Dasselbe gilt im Fall der Verteilung bei der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung nach §§ 105ff. ZVG. Auf die Verhandlung über den Teilungsplan (§§ 113 f. ZVG) sowie auf die Erledigung erhobener Widersprüche und die Ausführung des Planes finden aber die §§ 876 bis 882 ZPO entsprechend Anwendung (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG; Musielak/Voit/Becker, § 872 Rn. 2). Beim Zusammentreffen einer Pfändung und Abtretung der Forderung kommt die Vorschrift gleichfalls nicht zur Anwendung. Es gilt vielmehr das Hinterlegungsverfahren nach § 372 BGB (LG Münster, Rpfleger 1995, 78). Letzteres gilt auch bei einer Hinterlegung wegen Annahmeverzugs bzw. bei Ungewissheit über die Person des Gläubigers (LG Berlin, Rpfleger 1981, 453).
4 Fälle des Verteilungsverfahrens
Rz. 5
Die praktische Anwendbarkeit der Regelung erstreckt sich auf folgende Fälle:
- Sind mehrere Gläubiger an dem Erlös beteiligt, z. B. durch Anschluss- bzw. Doppelpfändung, oder verlangt ein rangschlechterer Gläubiger eine andere Verteilung, etwa weil er z. B. einen Arrest (§ 930 ZPO) oder eine Vorpfändung behauptet oder die Wirksamkeit der Pfändung bzw. der Vorpfändung eines sonst vorrangigen Gläubigers bestreitet und reicht der Erlös nicht zur Deckung aller Ford. aus, so ist durch den Gerichtsvollzieher eine Hinterlegung nach dem jeweiligen HinterlG vorzunehmen (§ 155 Satz 2 Nr. 3 GVGA). Die Hinterlegung hat der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsgericht gem. § 827 Abs. 2 ZPO anzuzeigen.
- Hat der Gerichtsvollzieher für mehrere Gläubiger gleichzeitig gepfändet, so muss er ebenfalls den Erlös gem. § 827 Abs. 3 ZPO hinterlegen.
- Gleiches gilt, wenn der Anspruch auf Herausgabe einer beweglichen körperlichen Sache von mehreren Gläubiger gepfändet wurde und Streit darüber besteht, an ...