Rz. 19
Wer Vollstreckungsschuldner im Sinne des Abs. 1 ist, beurteilt sich nach § 750 Abs. 1 ZPO. Danach kann die Zwangsvollstreckung nur gegen eine Person begonnen werden, die im Titel und in der Vollstreckungsklausel als Vollstreckungsschuldner bezeichnet ist. Das Erfordernis der eindeutigen Bezeichnung der Schuldner im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel besteht auch dann, wenn die Räumungsvollstreckung ein rechtswidrig besetztes Grundstück betrifft und es dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren ohne polizeiliche Hilfe nicht möglich ist, die Schuldner namentlich zu bezeichnen. Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren Identifizierung des Schuldners in einem solchen Fall aufgrund der Bezeichnung im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel ist nicht deshalb geboten, weil der Eigentümer ansonsten vollständig rechtlos gestellt wäre. Eine Räumung gegenüber Hausbesetzern kann vielmehr nach dem Polizei- und Ordnungsrecht erfolgen (BGH, Rpfleger 2018, 161 = NZM 2018, 164 = DGVZ 2018, 69 = Mietrecht kompakt 2018, 22. Damit wird gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs erfolgt, und zwar für und gegen die im Titel genannten Personen. Diese allgemeine Voraussetzung jeder Zwangsvollstreckung, kann nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen außer Kraft gesetzt werden (BGH, ZAP EN-Nr. 790/2004 = NJW 2004, 3041).
Die Räumungsvollstreckung darf daher nicht betrieben werden darf, wenn ein Dritter, der weder im Vollstreckungstitel noch in der diesem beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet ist, im (Mit)Besitz der Mietsache ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Verdacht besteht, dem Dritten sei der Besitz nur eingeräumt worden, um die Zwangsräumung zu vereiteln (BGH, Mietrecht kompakt 2004, 189; BGH, Mietrecht kompakt 2008, 203) .Einer Räumungsvollstreckung steht deshalb nur entgegen, wenn ein im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel nicht bezeichneter Dritter – zumindest auch – Besitzer – der streitgegenständlichen Wohnung – ist (LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 17.2.2012, 2-11 T 21/12 – Juris). Allerdings kommt, wenn gegen den dritten Mitbesitzer mangels eines gegen ihn gerichteten Titels nicht vollstreckt werden kann, eine Räumungsvollstreckung gegen den Schuldner selbst in Betracht, sofern dadurch der Besitz des Dritten nicht beeinträchtigt wird (BGH, NZM 2013, 395). Davon ist auszugehen, wenn der Schuldner in dem Räumungsobjekt abgeschlossene Teileinheiten alleine genutzt hat (LG Saarbrücken, DGVZ 2018, 183; LG Berlin, DGVZ 2011, 173).
Der Gerichtsvollzieher hat bei der Beurteilung, ob ein solcher Besitz vorhanden ist, allerdings nur eine nach außen hin erkennbare Sachherrschaft zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Seibel, § 885 Rn. 5). Dabei muss sich aus den Gesamtumständen klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte Mitbesitzer ist, da das Zwangsvollstreckungsverfahren formalisiert ist und der Gläubiger vor einer Verschleierung der Besitzverhältnisse durch den Schuldner zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung geschützt werden muss (BGH, Vollstreckung effektiv 2008, 163 = FamRZ 2008, 1174 = NJW 2008, 1959; LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 17.2.2012, 2-11 T 21/12 – Juris).
Rz. 20
Grundsätzlich ist der zugrunde liegende Titel nach erstmaliger Räumung verbraucht, was zu praktischen Schwierigkeiten führt, wenn der Schuldner später wieder unberechtigterweise in die Wohnung zurückkehrt. Insofern wird ein erneuter Räumungstitel für notwendig erachtet (Zimmermann, § 885 Rn. 1).
Rz. 21
Gerade bei Mietverhältnissen, die oftmals von mehreren Personen begründet werden, treten vielfach Probleme i. R.d. Vollstreckung auf. Daher muss dies bereits im Erkenntnisverfahren bedacht werden. Es ist stets auf den tatsächlichen Gewahrsamsinhaber abzustellen. Da die Vollstreckung nur gegen im Titel genannte Personen zulässig ist, ist ein Titel gegen alle Personen erforderlich, die aufgrund eigener vertraglicher Rechte Mitbesitz an der herauszugebenden unbeweglichen Sache haben. Der Gerichtsvollzieher hat im Räumungstermin insofern Feststellungen zu den tatsächlichen Besitzverhältnissen zu treffen (LG Berlin, DGVZ 2011, 173). Mithin ist ein Vollstreckungstitel gegen sämtliche Mieter einer Wohnung erforderlich (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 885 Rn. 8; Goebel/Krumscheid, § 10 Rn. 41). Im Einzelnen gilt (vgl. auch Vollstreckung effektiv 2005, 57).
3.3.1 Minderjährige Kinder
Rz. 22
Minderjährigen Kindern sind Räume der elterlichen Wohnung regelmäßig nicht zum selbstständigen Gebrauch überlassen, sodass sie keinen selbstständigen Gewahrsam daran haben (AG Wuppertal, Vollstreckung effektiv 2014, 25). Ein besonderer Räumungstitel gegen minderjährige Kinder ist damit entbehrlich (BGH, Vollstreckung effektiv 2008, 163 = FamRZ 2008, 1174 = NJW 2008, 1959; LG Berlin, DGVZ 2011, 173; KG, NJW-RR 1994, 713; LG Lüneburg, NJW-RR 1998, 662; Zöller/Seibel, § 885 Rn. 9; Becker/Eberhardt, FamRZ 94, 1296).
3.3.2 Volljährige Kinder
Rz. 23
Gleiches wie bei minderjährigen Kindern gilt für ein volljähriges ...