Rz. 30
Für die Räumungsvollstreckung gegen eine GmbH ist auch ein Räumungstitel gegen den Geschäftsführer erforderlich, wenn dieser persönlichen Mitbesitz an der zu räumenden Gewerbefläche begründet hat (LG Köln, GuT 2008, 368).
Rz. 31
Nicht höchstrichterlich entschieden ist der Fall, dass dem Gläubiger kurz vor Beginn der beabsichtigten Räumungsvollstreckung ein angeblicher Mitbesitzer präsentiert wird, von dem bislang nicht die Rede war und auf den sich der Räumungsgläubiger dementsprechend auch nicht einstellen konnte. Ob insoweit die in der Rechtsprechung des BGH (BGH, ZAP EN-Nr. 790/2004 = NJW 2004, 3041) getroffene Aussage, die allgemeinen Voraussetzungen jeder Zwangsvollstreckung (Titel, Klausel, Zustellung) könnten nicht durch materiell-rechtliche Überlegungen oder Gesichtspunkte der Billigkeit außer Kraft gesetzt werden, uneingeschränkt gelten kann, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte uneinheitlich bewertet. So hat das LG Memmingen (DGVZ 2007, 126) die Ablehnung eines Räumungsauftrages durch einen Gerichtsvollziehers bestätigt, der damit konfrontiert war, dass "sich mittlerweile eine Firma ... in den Räumlichkeiten befindet" und der Gläubiger behauptete, es läge angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit der Versuch der Vollstreckungsvereitelung durch den Räumungsschuldner durch Aufnahme immer neuer Mieter vor. Der Gläubiger wurde insoweit darauf verwiesen, er müsse einen Titel gegen die besagte Firma erwirken. Dieser Verweis zeigt die Grenzen des o. g. formalen Begründungsansatzes auf, denn einem räumungsunwilligen Räumungsschuldner wird so Tür und Tor geöffnet, die geschuldete Räumung nach Belieben durch die Präsentation immer neuer angeblicher Untermieter zu verzögern. Faktisch läuft dies auf eine Rechtsverweigerung ggü. dem Gläubiger hinaus, denn dieser müsste wegen der Kosten in Vorlage treten und liefe selbst bei erfolgreicher Klage zudem Gefahr, die Kosten wegen Mittellosigkeit des angeblichen Untermieters letztendlich tragen zu müssen. Hinzu kommt, dass dieses Risiko mehrfach hintereinander auftreten kann, wenn sich beim nächsten Räumungsversuch herausstellt, dass nunmehr wiederum eine Person Besitzer sein soll, gegen die es noch keinen Titel gibt, so dass der aufgezwungene Räumungsprozess für nichts und wieder nichts geführt wurde. Vor diesem Hintergrund hat das AG Hamburg-St. Georg (DGVZ 2007, 63) im Anschluss an eine Entscheidung des KG (NZM 2003, 105 – dort Untervermietung nach erfolgter Kündigung des Hauptmietverhältnisses) die Räumung auch ohne Titel gegen den angeblichen Untermieter zugelassen, wenn die zu räumende Wohnung nicht zu Wohnzwecken, sondern zur Ausübung der Prostitution genutzt wird, die Untermieterin heimlich und erst nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage aufgenommen wurde und hohe Mietrückstände des Hauptmieters bestehen.
Rz. 32
Das LG Lübeck (DGVZ 2008, 172; a. A. LG Memmingen, DGVZ 2007, 126) schließt sich im Ergebnis dem zuletzt genannten Ansatz an. Zwar ist grds. an den Voraussetzungen des § 750 ZPO festzuhalten. Jedoch muss der Rechtsstaat auch in der Lage sein, dem Rechtsmissbrauch zu begegnen, der sich aus der Ausnutzung formaler Rechtspositionen ergeben kann, sei dies nun im Aktien- (BGHZ 107, 296 = WM 1989, 1128), Wettbewerbs- oder auch Zwangsvollstreckungsrecht. In allen genannten Bereichen gibt es Ansatzmöglichkeiten, Rechte in einer Weise geltend zu machen, die den jeweiligen Gegner faktisch lähmen oder zumindest finanziell belasten, so dass eine gewisse Bereitschaft bestehen kann, zur Vermeidung langwieriger und teurer Auseinandersetzungen Zugeständnisse zu machen, auf die kein Anspruch besteht. Ein angeblicher Untermieter, der erst nach Beendigung des Besitzrechtes des Hauptmieters angebliche Besitzrechte begründet haben will, ist jedoch nicht schutzwürdig, insbesondere, wenn er diese nicht so frühzeitig anmeldet, dass der Gläubiger schon im Räumungsprozess gegen den Hauptmieter darauf reagieren kann. Genau das sind die Fälle des Rechtsmissbrauchs, denn es geht um Besitzer, die im Fall eines Räumungsversuches wie aus dem Nichts auftauchen und auch vorher nicht als potentielle Besitzer erkennbar waren und bei denen ein gewisses Näheverhältnis zum längst räumungspflichtigen Hauptmieter erkennbar ist. Wer hingegen als Opfer einer Täuschung des Hauptmieters vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, wird ein solches Näheverhältnis i. d. R. nicht aufweisen und soll auch des Schutzes, den § 750 ZPO bietet, nicht verlieren. Lässt sich unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ein Zusammenwirken mit dem Hauptmieter im Sinne einer Vollstreckungsvereitelung festmachen, ist es rechtsmissbräuchlich, wenn sich der angebliche Besitzer darauf beruft, dass ihm ggü. § 750 ZPO nicht gewahrt ist.