Rz. 33
Das Verfahren des Gerichtsvollziehers ist in § 128 GVGA geregelt. Gem. § 128 Abs. 1 Satz 2 GVGA soll der Gerichtsvollzieher den Schuldner auffordern, eine Anschrift zum Zwecke von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Die Zeit – Tag und Stunde – der beabsichtigen Räumung soll rechtzeitig mitgeteilt werden. Insbesondere wegen der Zweiwochenfrist des § 765a Abs. 3 ZPO ist die Räumung so rechtzeitig anzukündigen, dass dem Räumungsschuldner die Einhaltung dieser Frist zur Beantragung von Vollstreckungsschutz möglich ist. Bei verspäteter Ankündigung gilt die Frist des § 765a Abs. 3 ZPO nicht (Goebel/Krumscheid, § 10 Rn. 56; Kollbach/Mathar, ZMR 2000, 1; Schultes, DVGZ 1999, 1).
Rz. 34
Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner – notfalls mit Gewalt – aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Eine Anwesenheit des Schuldners bei der Räumung ist nicht erforderlich, da ihm Sachherrschaft auch ohne seine Anwesenheit genommen werden kann (§ 128 Abs. 2 Satz 9 GVGA). Die Besitzeinweisung des Gläubigers erfolgt durch Übergabe der unbeweglichen Sache. Dies kann z. B. durch Übergabe der Schlüssel, Einbau eines neuen Schlosses mit Schlüsselübergabe oder Bestellung eines Hüters erfolgen (Zöller/Seibel, § 885 Rn. 15; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 885 Rn. 20). Damit ist die Räumung beendet und der Räumungstitel verbraucht (§ 128 Abs. 4 Satz 4 GVGA).
Rz. 35
Die Herausgabe- und Räumungsvollstreckung bezieht sich ebenso auf Zubehör (§§ 97, 98 BGB), auch wenn es im Schuldtitel nicht gesondert erwähnt ist. Es ist dem Räumungsgläubiger herauszugeben oder auf dem Grundstück zu belassen. Besteht hinsichtlich bestimmter, sich auf dem Grundstück befindlicher beweglicher Sachen des Schuldner ein titulierter Anspruch, so ist § 883 Abs. 1 ZPO unmittelbar anzuwenden. Darüber hinaus ist auch ein Zusammentreffen der Räumungsvollstreckung nach § 885 Abs. 1 ZPO mit einer Pfändung beweglicher Sachen des Schuldners i. R.d. Vollstreckung einer Geldforderung denkbar. In diesem Fall pfändet der Gerichtsvollzieher die Sachen gem. § 808 ZPO (Goebel/Krumscheid, § 10 Rn. 63).
Rz. 36
Bei einer landwirtschaftlich genutzten (nicht bewohnten) Parzelle erfolgt die Herausgabevollstreckung durch die zu protokollierende Erklärung des Gerichtsvollziehers, dass der Schuldner aus dem Besitz gesetzt und der Gläubiger in diesen eingewiesen wird; eine exakte Bestimmung der Grenzen der Parzelle in der Natur oder durch maßstabsgerechte Eintragungen in einer Liegenschaftskarte ist dafür nicht erforderlich (BGH, NJW-RR 2009, 445 = Vollstreckung effektiv 2009, 40).
Rz. 37
Bei unbebauten oder brachliegenden Grundstücken können die Besitzentsetzung des Schuldners und die Besitzeinweisung des Gläubigers auch durch Erklärung des Gerichtsvollziehers zu Protokoll geschehen (LG Trier, DGVZ 1972, 93; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 885 Rn. 20; Zöller/Seibel, § 885 Rn. 15; Goebel/Krumscheid, § 10 Rn. 58). Dies gilt auch wenn der Gerichtsvollzieher in Ermangelung von Grenzsteinen u.Ä. die genauen Grenzen des Grundstücks an Ort und Stelle nicht bestimmen kann (BGH, NJW-RR 2009, 445 = Vollstreckung effektiv 2009, 40).
Rz. 38
Sonstige bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Vollstreckung sind, sind nach § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO zu behandeln.
Rz. 39
Nach Abs. 2 werden bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, vom Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt. Neu in diesem Zusammenhang ist im Vergleich zu der bis zum 30.4.2013 geltenden Rechtslage, dass der Kreis der Personen, die zur Entgegennahme der Sachen berechtigt ist, um "erwachsene ständige Mitbewohner" erweitert wurde (Abramenko, DGVZ 2013, 42, 44). So ist es z. B. bei Wohngemeinschaften dem Gerichtsvollzieher nunmehr möglich, einem zur Übernahme der Gegenstände bereiten volljährigen Mitbewohner die bewegliche Habe des Räumungsschuldners zu übergeben oder zur Verfügung zu stellen (BT-Drucks. 17/10485 S. 30).
Die Vorschrift bestimmt somit nur das "Wie" und nicht das "Ob" der Zwangsvollstreckung. Es geht allein darum, was mit den vom Gerichtsvollzieher vorgefundenen, nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden beweglichen Sachen des jeweiligen Schuldners zu geschehen hat, wie also die Zwangsvollstreckung im Einzelnen abzuwickeln ist. Rückschlüsse über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung als solche und das Erfordernis eines Titels können aus der Vorschrift nicht gezogen werden (BGH, ZAP EN-Nr. 790/2004 = NJW 2004, 3041 = Rpfleger 2004, 640 = WE 2005, 19 = DNotZ 2005, 37 = ZZP 118, 103 = NJW-Spezial 2004, 246 = Mietrecht kompakt 2004, 189 = MietRB 2005, 2 = JurBüro 2005, 55 = JA 2005, 89). Der Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, die herausgeholten Sachen in die neue Wohnung des Schuldners zu schaffen (§ 128 Abs. 4 ...