Rz. 48

Gegen Zwangsvollstreckungshandlungen des Gerichtsvollziehers kann sowohl der Schuldner, der Gläubiger als auch ein Dritter mit der Erinnerung nach § 766 ZPO vorgehen. Gegen die Erinnerungsentscheidung ist sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO möglich. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Erinnerung nach § 766 ZPO gegen Maßnahmen des Gerichtsvollziehers nach § 885 Abs. 1 ZPO besteht regelmäßig solange, bis die Zwangsvollstreckung beendet ist (BGH, Rpfleger 2017, 570 = DGVZ 2017, 169 = Grundeigentum 2017, 1156 = NJW-RR 2017, 1158 = Vollstreckung effektiv 2017, 133; BGH, WM 2013, 1076 = WuM 2013, 368 = NJW 2013, 2287 = Grundeigentum 2013, 1001 = Rpfleger 2013, 554 = MDR 2013, 812 = NJW-Spezial 2013, 450). Der Schuldner kann seine Erinnerung aber nicht darauf stützen, dass die Zwangsvollstreckung gegen Dritte gerichtet ist (LG Köln, MDR 1997, 782), dass die Räumungsvollstreckung das Besitzrecht eines erwachsenen Angehörigen, der lediglich Besitzdiener ist, an der Wohnung beeinträchtigt werde (AG Ludwigshafen,  WuM 2010, 45), ebenso wenn gegen Vorschriften der GVGA verstoßen wird z. B. Nichtbeachtung der Räumungsfrist gem. § 128 Abs. 2 Satz 5 GVG (LG Baden-Baden, DGVZ 2018, 210)  Der Schuldner kann im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO auch nicht den Einwand erheben, ein Titel zur Räumung eines Hauses sei eine Verurteilung zu einer nach Art. 13 GG unzulässigen Teilräumung der Wohnung (BGH, WM 2013, 1076 = WuM 2013, 368 = NJW 2013, 2287 = Grundeigentum 2013, 1001 = Rpfleger 2013, 554 = MDR 2013, 812 = NJW-Spezial 2013, 450 = ZAP EN-Nr 327/2013 = MietRB 2013, 239 = FoVo 2013, 137 = GuT).

 

Rz. 49

Die Erinnerung findet auch dann statt, wenn die Sachen durch den Gerichtsvollzieher auf Verlangen des Schuldners gem. Abs. 5 nicht herausgegeben werden oder wenn der Gerichtsvollzieher den Verkauf oder die Vernichtung von Sachen gem. Abs. 4 in die Wege leitet. Gleichfalls ist der Gläubiger zur Einlegung der Erinnerung befugt, wenn er den Räumungsauftrag auf die Herausgabe der Wohnung beschränkt und der Gerichtsvollzieher gleichwohl einen Kostenvorschuss verlangt, der sich nicht etwa nur auf die Öffnung der Wohnung bezieht (Schlüsseldienst), sondern auch auf die Kosten der Räumung und Einlagerung der beweglichen Sachen (vgl. BGH, Vollstreckung effektiv 2006, 63 = NZM 2006, 149 = Rpfleger 2006, 143 = DGVZ 2006, 23 = NJW 2006, 848 = WM 2006, 626 = MDR 2006, 836).

 

Rz. 50

Macht ein Dritter Eigentum an den Gegenständen geltend, so hat er seine Rechte durch eine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO zu verfolgen (LG Koblenz, DGVZ 1987, 11).

 

Rz. 51

Unbeschadet bleibt das Recht des Schuldner, eine Räumungsfrist nach §§ 721, 794a ZPO zu beantragen bzw. die Aufhebung, Untersagung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 765a ZPO bei Vorliegen von Sittenwidrigkeit bzw. Unzumutbarkeit zu verlangen (zu den Voraussetzungen vgl. ausführlich Mock, Vollstreckung effektiv 2002, 130).

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