1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Bestimmung schützt den Gewahrsam und das (evtl. bestehende) Besitzrecht eines Dritten im Rahmen der Herausgabevollstreckung, wenn ein Titel gegen ihn nicht vorliegt. Andererseits aber erhält der Gläubiger eine Möglichkeit, auch von einem Dritten den Gegenstand des titulierten Anspruchs herausverlangen und notfalls auch zwangsweise durchsetzen zu können (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 886 Rn. 1).
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Die Bestimmung findet Anwendung im Bereich der Zwangsvollstreckung wegen Ansprüchen auf Herausgabe beweglicher Sachen (§§ 883, 884 ZPO) und solchen auf Herausgabe von unbeweglichen Sachen (§ 885 ZPO). Ihre Anwendbarkeit setzt dabei voraus, dass der Dritte Besitzer (§ 854 BGB; vgl. OLG Celle MDR 2008, 445) und nicht nur Besitzdiener ist. Die Norm findet auch Anwendung bei der Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf die Übertragung von Aktien gerichtet ist, die sich in Sammelverwahrung befinden (BGH, Vollstreckung effektiv 2006, 66 = BGHZ 160, 1210 = ZIP 2004, 1568 = BB 2004, 1763 = WM 2004, 1747 = BGHReport 2004, 1450). Für die Vollstreckung kommt es hierbei nicht auf den Gewahrsam an der Sammelurkunde an, sondern darauf, dass die Depotbank den Eigentumswechsel durch eine Umbuchung vollziehen kann. Den dahin gehenden Anspruch des Schuldners muss der Gläubiger pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen können, um eine erfolgreiche Vollstreckung aus dem Herausgabetitel zu bewirken.
Rz. 3
Nicht anwendbar ist die Vorschrift in den Fällen, in denen eine Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO ausnahmsweise gegen Dritte zulässig ist, ohne dass diese im Titel als Schuldner bezeichnet sind. Schließlich ist die Vorschrift dann nicht anzuwenden, wenn der Dritte freiwillig zur Herausgabe bereit ist. Der Gerichtsvollzieher kann in diesen Fällen entsprechend der Bestimmung des § 809 ZPO den Gegenstand aufgrund des Titels gegen den Schuldner bei dem Dritten wegnehmen oder die Wohnung räumen, ohne dass er vorher die Art des Besitzes desselben klären müsste (allg. M. MünchKomm/ZPO-Gruber, § 886 Rn. 2). Gleiches gilt im Rahmen einer Vollstreckung nach § 888 ZPO. Eine solche ist neben der Herausgabevollstreckung nach §§ 885, 886 ZPO nicht möglich, es sei denn Gegenstand der Zwangsvollstreckung wären aufgrund des Vollstreckungstitels neben der Räumungs- und Herausgabeverpflichtung noch weitergehende Handlungspflichten des Schuldners (BGH, NJW-RR 2007, 1091 = Mietrecht kompakt 2007, 117; BGH, Vollstreckung effektiv 2012, 167 = FoVo 2012, 211 = Mietrecht kompakt 2013, 38).
Rz. 4
Zu beachten ist, dass es eines Vorgehens dann nicht bedarf, wenn sich der Gläubiger den Vollstreckungstitel nach §§ 325, 727 ZPO wegen Rechtsnachfolge umschreiben lassen kann. Ein solcher Fall der Rechtsnachfolge liegt auch dann vor, wenn der als Alleinmieter verklagte Ehegatte während des Räumungsprozesses auszieht und der andere Ehegatte die Wohnung von diesem Zeitpunkt an allein in Besitz hat (LG Mannheim, NJW 1962, 815).
3 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und die Durchführung
Rz. 5
Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung nach der Vorschrift ist der Allein- oder Mitgewahrsam eines nicht zur Herausgabe bereiten Dritten an einer beweglichen oder unbeweglichen Sache, die der Vollstreckungsschuldner nach dem vorliegenden Titel an den Gläubiger herauszugeben hat. Dabei kann es sich sowohl um einen Anspruch auf Leistung (Verschaffung), Überlassung und Räumung handeln (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 886 Rn. 3). Auf die Pfändbarkeit der Sache kommt es nicht an, da die Zwangsvollstreckung nicht zur Verwertung stattfindet. Da die Norm auf die Vorschriften verweist, welche die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung betreffen (§§ 829 ff. ZPO), ist eine Vollstreckungsmöglichkeit nach dieser Bestimmung unter den gleichen Voraussetzungen gegeben, unter denen die Pfändung und Überweisung von Geldforderungen möglich ist (BGH, NJW 1970, 241). Verweigert der Dritte also die Herausgabe der Sache an den Gläubiger, so ist dieser nicht berechtigt, aufgrund des gegen den Schuldner gerichteten Titels gegen den Dritten zu vollstrecken. Vielmehr ist der Gläubiger zunächst gehalten, den Anspruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache gem. §§ 828, 829, 835 ZPO zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Dieser Anspruch braucht nicht fällig zu sein, er kann bedingt oder betagt sein. Die Überweisung nach § 835 ZPO erfolgt nur zur Einziehung, nicht an Zahlungs statt. Über den Antrag entscheidet das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger, § 20 Nr. 17 RpflG). Verweigert der Dritte auch nach Pfändung und Überweisung weiterhin die Herausgabe an den Gläubiger, muss dieser gegen ihn auf Herausgabe an sich, gestützt auf die Überweisung, klagen (§ 836 ZPO). Im Erfolgsfall kann der Gläubiger den Titel nunmehr gegen den "Dritten" nach §§ 883 bis 885 ZPO vollstrecken. Die Regelungen der §§ 846 bis 848 ZPO gelten nicht.
4 Rechtsbehelfe des Dritten
Rz. 6
Der nicht zur Herausgabe bereite Dritte kann sich gegen die Zwangsvollstreckung seitens des Gläubigers mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO wenden.
5 Kosten – Gebühren
Rz. 7
Für die Pfändung und Überweisung nach § 886 ZPO entsteht eine G...