Rz. 4
Die Anwendbarkeit der Norm setzt voraus, dass der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichtet, die auch durch einen Dritten vorgenommen werden kann, die somit nicht ausschließlich vom Willen des Schuldner abhängig ist (vgl. Rz. 2; OLG Rostock, JurBüro 2009, 162; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1769). Hierunter fallen Ansprüche auf Sicherheitsleistung, auch wenn die Sicherheit aus einer Geldleistung besteht. Entsprechendes gilt auch für einen Befreiungsanspruch, auch wenn dieser auf eine Geldzahlung gerichtet ist (OLG Köln, InVo 2002, 245; vgl. auch Rz. 8). In einigen Fällen kann nach dem Tenor des Urteils durchaus unklar sein, was im Einzelnen geschuldet wird. Bei der Ermittlung des nach dem Titel Geschuldeten ist aber nicht allein auf den Tenor abzustellen, sondern das Gericht hat auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen und gegebenenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln, welche Handlungen geschuldet werden und nach welchen Vorschriften die Zwangsvollstreckung zu erfolgen hat (BGH, NJW 1993, 1394 = BauR 1993, 111 = WM 1993, 393). Im Tenor des Urteils müssen nicht die einzelnen Handlungen des Schuldners beschrieben werden, wenn er zur Herbeiführung eines bestimmten Handlungserfolges verurteilt worden ist. Maßgeblich sind nicht die Handlungen, sondern der Handlungserfolg (OLG Düsseldorf, MDR 2002, 1394).
Rz. 5
Erfordert die vom Schuldner geschuldete Handlung die Mitwirkung eines Dritten, so kommt eine Vollstreckung nach der Regelung nur dann in Betracht, wenn der Dritte damit einverstanden ist oder gegen ihn ein Duldungstitel vorliegt (OLG Zweibrücken, NJW-RR 1998, 1767). Der Gläubiger hat die notwendige Zustimmung des Dritten bis zum Erlass des Ermächtigungsbeschluss nach § 887 ZPO beizubringen (BayObLG, NJW-RR 1989, 462; OLG Frankfurt, MDR 1983, 141; a. A. OLG Düsseldorf, MDR 1991, 260: es genügt, dass der Dritte die Zustimmung nicht verweigert hat). Verweigert der Dritte gänzlich die Mitwirkung und stehen weder dem Schuldner noch dem Gläubiger Möglichkeiten zur Verfügung, die Mitwirkung ihrerseits zu erzwingen, so bleibt dem Gläubiger nur der Anspruch auf das Interesse nach § 893 ZPO (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 17, 147). Die Regelung gilt auch in der Verwaltungsvollstreckung (§ 167 VwGO).
Rz. 6
Die Vorschrift ist unanwendbar bei einem titulierten Anspruch:
- auf Zahlung (Vollstreckung erfolgt nach §§ 803 ff. ZPO),
- auf Herausgabe oder Leistung von Sachen (Vollstreckung erfolgt nach §§ 883 bis 886 ZPO),
- wg. einer unvertretbaren Handlung (Vollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO),
- auf Duldung oder Unterlassung (Vollstreckung erfolgt nach § 890 ZPO),
- auf Abgabe einer Willenserklärung (Vollstreckung erfolgt nach § 894 ZPO).
Rz. 7
Bei sog. Mischfällen (z. B. Anspruch auf Lieferung einer beweglichen Sache unter gleichzeitiger Verpflichtung zum Transport; vgl. OLG Zweibrücken, JurBüro 2001, 48), ist die vollstreckungsrechtliche Behandlung in Lit. und Rspr. nicht einheitlich. Während teilweise auf die Vollstreckung nach §§ 883ff. ZPO verwiesen wird mit der Möglichkeit, nach § 893 ZPO vorzugehen, falls die Herausgabevollstreckung nicht zum Ziel führt (vgl. grundlegend RGZ 58, 160), wird nach a. A. die Anwendbarkeit der §§ 887, 888 ZPO für solche Fälle bejaht, in denen der Handlung neben der Herausgabepflicht eine selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. auch OLG Zweibrücken, MDR 1960, 932). Eine weitere Auffassung lässt in diesen Fällen sowohl eine Vollstreckung nach §§ 883ff. ZPO als auch nach §§ 887, 888 ZPO zu (vgl. dazu Schilken, DGVZ 1988, 49; Zöller/Seibel, § 883 Rn. 9).
Wird ein Schuldner mit Sitz im Inland durch ein ausländisches Urteil zur Vornahme vertretbarer und nicht vertretbarer Handlungen verurteilt und wird dieses Urteil in Deutschland für vollstreckbar erklärt, steht dem Gläubiger ein Wahlrecht zu, ob er im Urteilsstaat die möglichen Zwangsmaßnahmen nach dem dortigen Recht erwirkt oder ob er in Deutschland nach den §§ 887, 888 ZPO vorgeht (OLG Köln, InVo 2006, 332).