6.1 Antrag
Rz. 11
Neben dem Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung hat der Gläubiger einen Antrag auf Ersatzvornahme zu stellen. In diesem hat er die Maßnahme, zu deren Durchführung er ermächtigt werden soll, genau zu bezeichnen (OLG Koblenz, InVo 1998, 259; OLG Frankfurt, JurBüro 1988, 259; OLG Köln, NJW-RR 1990, 1087; VG Ansbach, Beschluss v. 18.9.2014 – AN 9 V 13.01534 –, juris). Sinn und Zweck des verfahrensrechtlichen Erfordernisses, einen hinreichend bestimmten Antrag i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen, bestehen darin, dem Vollstreckungsorgan, die erforderlichen Weisungen zu erteilen, ohne auf die Urteilsgründe oder außerhalb des Urteils liegende Erkenntnisquellen zurückgreifen zu müssen (OLG Düsseldorf, InVo 2003, 205). Hierbei müssen nicht die einzelnen Handlungen des Schuldners beschrieben werden, wenn er zur Herbeiführung eines bestimmten Handlungserfolgs verurteilt worden ist. Maßgeblich sind nicht die Handlungen selbst, sondern der Handlungserfolg (BGH, MDR 1996, 959 = BB 1996, 1739 = NJW 1996, 2725). Ist die Zwangsvollstreckung einer vertretbaren Handlung in erster Instanz fälschlicherweise nicht im Verfahren nach § 887 ZPO, sondern im Verfahren nach § 888 ZPO betrieben worden, so kann der Gläubiger noch im Beschwerderechtszug seinen Vollstreckungsantrag in entspr. Anwendung von § 263 ZPO umstellen (OLGR Zweibrücken 1998, 70).
6.2 Zuständigkeit
Rz. 12
Für die Entscheidung über den Antrag ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ausschließlich (§ 802 ZPO) als Vollstreckungsgericht zuständig. Hiernach gilt gem. § 78 ZPO Anwaltszwang, d. h. soweit der Antrag beim AG (in Familiensachen), LG oder OLG einzureichen ist. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Vollstreckungstitel um eine EV handelt (OLG Köln, NJW-RR 1996, 100; OLG Koblenz, NJW-RR 1988, 1279; a. A. OLG Jena, InVo 1996, 18). Dies gilt auch für den gem. § 891 ZPO zu beteiligenden Schuldner. Der nicht postulationsfähigen Partei ist die Möglichkeit der Abhilfe zu geben (OLG Köln, FamRZ 1995, 312). Hatte die vollbesetzte Kammer den zu vollstreckenden Titel im Eilverfahren erlassen, bleibt sie für das Verf. nach Abs. 1 auch dann zust., wenn die Hauptsache (das ist ein anderes Verf.) in die originäre oder obligatorische Zuständigkeit des Einzelrichters überging (OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 1724). Wird aus einem Anwaltsvergleich (§§ 796a, 796b ZPO), aus einem Schiedsspruch (OLG München, Beschluss v. 18.6.2012, 34 Sch 32/11 – Juris) oder Schiedsvergleich (§§ 1053, 1054, 1060, 1061, 1064 ZPO) oder einem ausländischen Urteil (§§ 722, 723 ZPO) die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung vollstreckt, so ist das Gericht als Prozessgericht des ersten Rechtszuges zust., welches die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit getroffen hat (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 79). Zur Entscheidung über einen Antrag nach den §§ 887 ZPO ist bei notariellen Urkunden gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das AG als Vollstreckungsgericht berufen, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat (OLG Sachsen-Anhalt Beschluss v. 21.6.1999, 7 W 28/99 – Juris). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Prozessgerichts über die Ermächtigung zur Ersatzvornahme muss diese auch tats. noch möglich sein. Hat der Gläubiger selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Ersatzvornahme bereits eigenmächtig vorgenommen, so kommt eine Entscheidung nach § 887 ZPO nicht mehr in Betracht (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 36 m. w. N.).
Rz. 13
In Rechtsprechung und Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO besteht, wenn diese die Vornahme einer im Ausland zu erbringenden vertretbaren Handlung zum Gegenstand haben.
Teilweise wird eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verneint, wenn die vertretbare Handlung im Ausland vorzunehmen ist und damit das Betreten eines Grundstücks des Schuldners im Ausland verbunden ist, wie dies z. B. bei der Erstellung eines Buchauszugs eines Sachverständigen in den Geschäftsräumen eines im Ausland ansässigen Schuldners der Fall ist (vgl. OLG Nürnberg, IPRspr 1974, Nr. 188; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Münzberg, ZZP 97 (1984), 489, 490). Die Gegenansicht bejaht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch in diesem Fall (vgl. OLG Hamm, OLGR 1998, 177; OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. Rn. 403).
Der BGH (NJW-RR 2010, 279 = BGHReport 2009, 1287 = MDR 2010, 51 = EuZW 2010, 114 = WM 2010, 520) hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen.
Die Ermächtigung nach Abs. 1, die vertretbare Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, bindet nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane und greift deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staats ein. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Schuldners nach Abs. 2, die Kosten der Ersatzvornahme vorauszuzahlen. Die Verurteilung zur...