Rz. 12

Für die Entscheidung über den Antrag ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ausschließlich (§ 802 ZPO) als Vollstreckungsgericht zuständig. Hiernach gilt gem. § 78 ZPO Anwaltszwang, d. h. soweit der Antrag beim AG (in Familiensachen), LG oder OLG einzureichen ist. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Vollstreckungstitel um eine EV handelt (OLG Köln, NJW-RR 1996, 100; OLG Koblenz, NJW-RR 1988, 1279; a. A. OLG Jena, InVo 1996, 18). Dies gilt auch für den gem. § 891 ZPO zu beteiligenden Schuldner. Der nicht postulationsfähigen Partei ist die Möglichkeit der Abhilfe zu geben (OLG Köln, FamRZ 1995, 312). Hatte die vollbesetzte Kammer den zu vollstreckenden Titel im Eilverfahren erlassen, bleibt sie für das Verf. nach Abs. 1 auch dann zust., wenn die Hauptsache (das ist ein anderes Verf.) in die originäre oder obligatorische Zuständigkeit des Einzelrichters überging (OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 1724). Wird aus einem Anwaltsvergleich (§§ 796a, 796b ZPO), aus einem Schiedsspruch (OLG München, Beschluss v. 18.6.2012, 34 Sch 32/11 – Juris) oder Schiedsvergleich (§§ 1053, 1054, 1060, 1061, 1064 ZPO) oder einem ausländischen Urteil (§§ 722, 723 ZPO) die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung vollstreckt, so ist das Gericht als Prozessgericht des ersten Rechtszuges zust., welches die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit getroffen hat (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 79). Zur Entscheidung über einen Antrag nach den §§ 887 ZPO ist bei notariellen Urkunden gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das AG als Vollstreckungsgericht berufen, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat (OLG Sachsen-Anhalt Beschluss v. 21.6.1999, 7 W 28/99 – Juris). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Prozessgerichts über die Ermächtigung zur Ersatzvornahme muss diese auch tats. noch möglich sein. Hat der Gläubiger selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Ersatzvornahme bereits eigenmächtig vorgenommen, so kommt eine Entscheidung nach § 887 ZPO nicht mehr in Betracht (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 36 m. w. N.).

 

Rz. 13

In Rechtsprechung und Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO besteht, wenn diese die Vornahme einer im Ausland zu erbringenden vertretbaren Handlung zum Gegenstand haben.

Teilweise wird eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verneint, wenn die vertretbare Handlung im Ausland vorzunehmen ist und damit das Betreten eines Grundstücks des Schuldners im Ausland verbunden ist, wie dies z. B. bei der Erstellung eines Buchauszugs eines Sachverständigen in den Geschäftsräumen eines im Ausland ansässigen Schuldners der Fall ist (vgl. OLG Nürnberg, IPRspr 1974, Nr. 188; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Münzberg, ZZP 97 (1984), 489, 490). Die Gegenansicht bejaht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch in diesem Fall (vgl. OLG Hamm, OLGR 1998, 177; OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. Rn. 403).

Der BGH (NJW-RR 2010, 279 = BGHReport 2009, 1287 = MDR 2010, 51 = EuZW 2010, 114 = WM 2010, 520) hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen.

Die Ermächtigung nach Abs. 1, die vertretbare Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, bindet nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane und greift deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staats ein. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Schuldners nach Abs. 2, die Kosten der Ersatzvornahme vorauszuzahlen. Die Verurteilung zur Zahlung des Kostenvorschusses ist vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt. Für eine in ihren Wirkungen in diesem Sinne beschränkte Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte spricht der Vergleich mit der Regelung der Vollstreckung von Zwangsgeldern in Art. 49 Brüssel-I-VO. Diese Vorschrift sieht die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgeldes lauten, im Vollstreckungsmitgliedstaat vor, wenn die Höhe des Zwangsgeldes durch die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats endgültig festgesetzt ist. Hieraus folgt, dass die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats international zur Festsetzung von Zwangsgeldern zuständig sind (vgl. MünchKomm/ZPO-Gottwald, Art. 49 EuGVO Rn. 4; differenzierend Bruns, ZZP 118 (2005), 3, 14, 16). Es ist danach kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO zur Durchsetzung der Duldungspflicht liegt ebenfalls vor. Die Zwangsvollstreckung ist auch insoweit auf das Inland beschränkt und verletzt nicht die Hoheitsgewalt des Staats, in dessen Bereich der Schuldner ...

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