6.1 Antrag
Rz. 10
Der Gläubiger muss einen Antrag auf Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, auf Zwangshaft oder unmittelbar auf Zwangshaft stellen. Die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen ist in der ZPO nicht vorgesehen (OLG Celle, FamRZ 2006, 1689). In seinem Antrag hat der Gläubiger die Handlung entspr. des Titels genau zu bezeichnen (OLG Frankfurt, JurBüro 1988, 259), wobei er sich nicht auf ein bestimmtes Zwangsgeld festlegen muss (OLG Köln, MDR 1982, 589). Bei Beschränkung auf einen Höchstbetrag ist das Gericht daran gebunden. Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsmittels kann mehrfach wiederholt werden, wenn der Schuldner trotz des festgesetzten Zwangsmittels seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Da das Zwangsmittelverfahren allerdings nicht die Funktion hat, eine Pflichtwidrigkeit zu ahnden (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 28.1.2004, 1 Ta 269/03 – Juris), sondern ausschließlich dazu dient, den Willen des Schuldner zu beugen, ist eine erneute Beantragung und Festsetzung nur zulässig, wenn der Erstbeschluss vollstreckt wurde, die beabsichtigte Wirkung damit aber nicht erzielt werden konnte (OLG Sachsen-Anhalt, InVo 2003, 162).
Rz. 11
Zur Vollziehung einer eidesstattlichen Versicherung (auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung) ist es nicht erforderlich, dass ein Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln gestellt wird (OLG München, MDR 2003, 53; a. A. OLG Rostock, Urteil v. 20.2.2002, 2 U 5/02 – Juris). Der Antrag ist auch dann wirksam gestellt, wenn er – unter Gebrauch des Ausdrucks "Bestrafungsantrag" – fälschlich auf § 890 ZPO gestützt wird (OLG München, MDR 2003, 53). Eine Umstellung des Antrags von § 887 ZPO auf § 888 ZPO ist noch im Beschwerdeverfahren möglich (OLG Zweibrücken, InVo 1998, 263).
Rz. 12
Der Antrag kann auch im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens zulässigerweise gestellt werden (Zeugnisanspruch: LAG Düsseldorf, LAG Report 2004, 255; LAG Hamm, FoVo 2012, 156). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfasst nicht Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO, sodass § 240 ZPO nicht greift (BGH, NJW 2007, 3132; MünchKomm/InsO-Breuer § 89 Rn 31; LAG Düsseldorf, NZA-RR 2004, 206; LAG Köln, Beschluss v. 19.5.2008, 11 Ta 119/08 – Juris; LAG Hamm, Beschluss v. 7.3.2012, 1 Ta 75/12 – Juris; LAG Hamm, Beschluss v. 8.8.12, 7 Ta 173/12 – Juris). Da derartige Ansprüche keine Insolvenzforderung bilden und daher die Insolvenzmasse weder schmälern noch betreffen, werden sie somit vom Vollstreckungsverbot des § 89 InsO nicht erfasst. Sie können daher weiterhin gegen den Schuldner vollstreckt werden (BAG, NZA 2004, 1392 = ZIP 2004, 1974 = DB 2004, 2428; LAG Hamm FoVo 2012, 156; LAG Köln, JurBüro 2008, 496). Zum vorgetragenen Erfüllungseinwand des Schuldner vgl. § 887 Rz. 19ff.).
Rz. 13
Der Gläubiger, der die Vollstreckungsmaßnahme beantragt, muss die vollstreckbare Ausfertigung zum Nachweis der Tatsache vorlegen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen (noch) gegeben sind (OLG Köln, JurBüro 2009, 215; OLG Düsseldorf, OLGZ 1976, 376). Auch hier haben das Vollstreckungsgericht und – im Falle der Einlegung einer Beschwerde – das ihm im Rechtsmittelzug übergeordnete Beschwerdegericht zu prüfen, ob die Vollstreckungsklausel ordnungsgemäß und formgerecht von dem zuständigen Beamten erteilt worden und ob sie noch beim Gläubiger vorhanden ist (OLG Köln, OLGR 2001, 20; Büttner, FamRZ 1992, 629; Zöller/Seibel, § 724 Rn. 14, § 887 Rn. 5, § 888 Rn. 5).
6.2 Vollstreckungstitel
Rz. 13a
Der Gläubiger hat eine vollstreckbare Ausfertigung vorzulegen, aus dem sich die zu vollstreckende unvertretbare Handlung ergibt. Der Titel ist nur dann zur Vollstreckung geeignet, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt ist (LAG Berlin, BB 2018, 1331; BAG, JurBüro 2017, 497: Arbeitszeugnis). Das erfordert grundsätzlich, dass sich der zu vollstreckende Anspruch aus dem der Zwangsvollstreckung zugrunde gelegten Titel selbst ergeben muss. Vermag der Inhalt einer geschuldeten Leistung lediglich unter Heranziehung von Schriftstücken, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder aus dem ihm vorausgehenden Vortrag der Parteien ermittelt werden, so fehlt es in der Regel an dessen Vollstreckungsfähigkeit (BGH, NJW 1993, 1996; BGH NJW 2006, 695; BGH, OLGR 2008, 166; OLG Saarbrücken, ErbR 2018, 609). Allerdings genügt es, dass der Anspruch sich dem Titel im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) hinreichend sicher entnehmen lässt. Diese Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen; erforderlichenfalls sind ergänzend die Entscheidungsgründe und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Antrags- oder Klagebegründung und der Parteivortrag heranzuziehen (BGH, MDR 2013, 1118; BGH, MDR 2015, 1255; Musielak/Voit/Lackmann, § 704 Rn. 6). Dabei sind Umstände, die außerhalb des Titels liegen, bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; insbesondere ist es ohne Bedeutung, welche sachlich-rechtlichen Ansprü...