Rz. 29
Das Gericht entscheidet nach seinem Ermessen über die Möglichkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes oder der Ordnungshaft (OLG Brandenburg, Magazindienst 2009, 325; OLG Frankfurt am Main, GRUR 1987, 940). Es prüft lediglich ob eine Handlung gegen ein gerichtliches Unterlassungsgebot verstößt, nicht dagegen, ob der Titel zu Recht ergangen ist (OLG Köln, 30.1.2009, 6 W 40/08 – Juris). Eine fehlerhafte Ermessensausübung ist anzunehmen, wenn die Höhe der festgesetzten ersatzweisen Ordnungshaft nicht mehr mit der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes korrespondiert und die durch die Festsetzung von Ordnungsmitteln angestrebte Wirkung, den Schuldner zur Befolgung der gerichtlichen Unterlassungsverfügung anzuhalten, in Frage gestellt wird (OLG Frankfurt am Main, GRUR 1987, 940: 3 Tage ersatzweise Ordnungshaft bei einem Ordnungsgeld von 7.500 DM).
Rz. 30
Das Gericht entscheidet durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss enthält eine Kostenentscheidung (§ 891 Satz 3 ZPO; str. OLG München, JurBüro 1991, 598: der Gläubiger des Zwangsvollstreckungsverfahrens kann die Kosten unmittelbar beitreiben; a. A. OLG München, OLGZ 1984, 66; OLG Koblenz, AnwBl 1984, 216). Eine Rücknahme des Antrages kann wirksam nur bis zur Rechtskraft des Beschlusses erfolgen (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 56). Bei einer wirksamen Antragsrücknahme trägt der Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3, 4 ZPO die Kostenlast im Umfang der Antragsrücknahme, und ist die Wirkungslosigkeit des Ordnungsmittelbeschlusses durch Beschluss festzustellen. Kommt eine wirksame Antragsrücknahme wegen der eingetretenen Rechtskraft des Ordnungs- bzw. Zwangsmittelbeschlusses nicht in Betracht, so ist der Ordnungs- bzw. Zwangsmittelbeschlusses aufzuheben und der Vollstreckungsantrags zurückzuweisen, wenn der zugrunde liegende Vollstreckungstitel weggefallen ist.
11.1 Ordnungsgeld
Rz. 31
Das Ordnungsgeld muss mindestens 5 EUR (Art. 6 EGStGB), darf aber höchstens 250.000, EUR (Abs. 1) betragen. Bei Ausübung des Ermessens zur Bestimmung der Höhe des gebotenen Ordnungsgeldes ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen (OLG Brandenburg, Magazindienst 2009, 325). Zu berücksichtigen sind insb. Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Schädigers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten, ebenso die Anzahl der (unterstellten) Verstöße (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss v. 23.7.2014, 5 W 49/14 – Juris). Eine Titelverletzung soll sich für den Schuldner nicht lohnen (BGH, NJW 2004, 506 = BGHZ 156, 335 = InVo 2004, 152; BGH, GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584 = NJW 1994, 45 = WM 1994, 114 = LM BGB § 339 Nr 38 (3/1994) = WiB 1994, 159 = MDR 1994, 788: Vertragsstrafenbemessung). I.d.R. kommt nach dem Grds. der Verhältnismäßigkeit bei einem erstmaligen Verstoß nur ein Ordnungsgeld in Betracht. Der Streitwert der Hauptsache ist ohne Bedeutung (BGH GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584 = NJW 1994, 45 = WM 1994, 114 = LM BGB § 339 Nr 38 (3/1994) = WiB 1994, 159 = MDR 1994, 788). Bei der Festsetzung des Ordnungsgelds im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung ist das Gericht nicht an die Regelung des § 890 Abs. 1 ZPO, die für das Ordnungsgeld einen Rahmen von bis zu 250.000 EUR vorsieht, gebunden. Diese Norm ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur entsprechend anzuwenden. Daher ist im Rahmen einer Vollstreckung zu berücksichtigen, dass die Vollstreckung gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft im Verwaltungsprozess eines geringeren Nachdrucks bedarf, als eine Vollstreckung gegen Private in einem Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit (VG München, Beschluss v. 10.1.2011, M 3 V 10.4573 – Juris).
Rz. 32
Bei einem Mehrfachverstoß stellt sich die Frage, ob hierbei eine natürliche Handlungseinheit, mit der Folge, dass nur ein Ordnungsmittel zu verhängen ist, vorliegt oder nicht. Zu einer natürlichen Handlungseinheit können im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere – auch fahrlässige – Verhaltensweisen zusammengefasst werden, die aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (BGH, NJW 2009, 921 = GRUR 2009, 427 = EBE/BGH 2009, BGH-Ls 228/09 = MDR 2009, 468 = Magazindienst 2009, 419 = BGHReport 2009, 534 = WRP 2009, 637 = CR 2009, 333; BGHZ 33, 163 = NJW 1960, 2332 – Krankenwagen II; BGHZ 146, 318 = WM 2001, 1081 = DB 2001, 1242 = WRP 2001, 702 = BGHReport 2001, 473 = GRUR 2001, 758 = NJW 2001, 2622 – Trainingsvertrag; LG Lüneburg, Magazindienst 2012, 354; OLG Düsseldorf, GRUR 2019, 552). In diesem Zusammenhang sind dabei auch die Grundsätze über den Fortsetzungszusammenhang, nach dem eine einheitliche Tat vorliegt, von Bedeutung. Nachdem der BGH das aus dem Strafrecht stammende Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs für den Bereich des Strafrechts (BGHSt 40, 138 = NJW 1994, 1663 = StV ...