Rz. 31
Das Ordnungsgeld muss mindestens 5 EUR (Art. 6 EGStGB), darf aber höchstens 250.000, EUR (Abs. 1) betragen. Bei Ausübung des Ermessens zur Bestimmung der Höhe des gebotenen Ordnungsgeldes ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen (OLG Brandenburg, Magazindienst 2009, 325). Zu berücksichtigen sind insb. Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Schädigers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten, ebenso die Anzahl der (unterstellten) Verstöße (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss v. 23.7.2014, 5 W 49/14 – Juris). Eine Titelverletzung soll sich für den Schuldner nicht lohnen (BGH, NJW 2004, 506 = BGHZ 156, 335 = InVo 2004, 152; BGH, GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584 = NJW 1994, 45 = WM 1994, 114 = LM BGB § 339 Nr 38 (3/1994) = WiB 1994, 159 = MDR 1994, 788: Vertragsstrafenbemessung). I.d.R. kommt nach dem Grds. der Verhältnismäßigkeit bei einem erstmaligen Verstoß nur ein Ordnungsgeld in Betracht. Der Streitwert der Hauptsache ist ohne Bedeutung (BGH GRUR 1994, 146 = WRP 1994, 37 = DB 1993, 2584 = NJW 1994, 45 = WM 1994, 114 = LM BGB § 339 Nr 38 (3/1994) = WiB 1994, 159 = MDR 1994, 788). Bei der Festsetzung des Ordnungsgelds im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung ist das Gericht nicht an die Regelung des § 890 Abs. 1 ZPO, die für das Ordnungsgeld einen Rahmen von bis zu 250.000 EUR vorsieht, gebunden. Diese Norm ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur entsprechend anzuwenden. Daher ist im Rahmen einer Vollstreckung zu berücksichtigen, dass die Vollstreckung gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft im Verwaltungsprozess eines geringeren Nachdrucks bedarf, als eine Vollstreckung gegen Private in einem Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit (VG München, Beschluss v. 10.1.2011, M 3 V 10.4573 – Juris).
Rz. 32
Bei einem Mehrfachverstoß stellt sich die Frage, ob hierbei eine natürliche Handlungseinheit, mit der Folge, dass nur ein Ordnungsmittel zu verhängen ist, vorliegt oder nicht. Zu einer natürlichen Handlungseinheit können im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere – auch fahrlässige – Verhaltensweisen zusammengefasst werden, die aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (BGH, NJW 2009, 921 = GRUR 2009, 427 = EBE/BGH 2009, BGH-Ls 228/09 = MDR 2009, 468 = Magazindienst 2009, 419 = BGHReport 2009, 534 = WRP 2009, 637 = CR 2009, 333; BGHZ 33, 163 = NJW 1960, 2332 – Krankenwagen II; BGHZ 146, 318 = WM 2001, 1081 = DB 2001, 1242 = WRP 2001, 702 = BGHReport 2001, 473 = GRUR 2001, 758 = NJW 2001, 2622 – Trainingsvertrag; LG Lüneburg, Magazindienst 2012, 354; OLG Düsseldorf, GRUR 2019, 552). In diesem Zusammenhang sind dabei auch die Grundsätze über den Fortsetzungszusammenhang, nach dem eine einheitliche Tat vorliegt, von Bedeutung. Nachdem der BGH das aus dem Strafrecht stammende Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs für den Bereich des Strafrechts (BGHSt 40, 138 = NJW 1994, 1663 = StV 1994, 306 = DRiZ 1994, 214 = wistra 1994, 185 = MDR 1994, 700) aufgegeben und den Rechtsbegriff der Fortsetzungstat im Recht der Vertragsstrafe für unanwendbar erklärt hat (BGHZ 146, 318 = WM 2001, 1081 = DB 2001, 1242 = WRP 2001, 702 = BGHReport 2001, 473 = GRUR 2001, 758 = NJW 2001, 2622 – Trainingsvertrag), hat er dieses Institut für die Zwangsvollstreckung aufgegeben (BGH, NJW 2009, 921 m. w. N. = GRUR 2009, 427 = EBE/BGH 2009, BGH-Ls 228/09 = MDR 2009, 468 = Magazindienst 2009, 419 = BGHReport 2009, 534 = WRP 2009, 637 = CR 2009, 333). Steht z. B. bei einer Vertragsstrafe die Vertragsauslegung im Vordergrund, mit deren Hilfe die Kriterien für eine Zusammenfassung mehrerer Teilakte zu einer Zuwiderhandlung ermittelt werden müssen, können in der Zwangsvollstreckung bei der Bemessung des Ordnungsmittels auch ohne die Grundsätze der fortgesetzten Handlung alle Umstände berücksichtigt werden, die es angemessen erscheinen lassen, bei wiederholten Verstößen nicht das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als angemessen erachteten Sanktion zu verhängen. Insbesondere kann das Prozessgericht bei der Bemessung in Rechnung stellen, dass der ggü. der Unternehmensleitung erhobene Verschuldensvorwurf sich dann, wenn der einzelne Teilakt von einem Mitarbeiter begangen worden ist, allein auf das Organisations- oder Überwachungsverschulden des Unternehmens stützt.
Rz. 33
Der BGH hat entschieden, dass bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen ein gerichtliches Unterlassungsgebot, das sowohl gegen eine juristische Person als auch gegen deren Organ verhängt worden ist, ein Ordnungsgeld nur gegen die juristische Person festzusetzen ist (BVerfG, ZInsO 2017, 1795 = NJW-RR 2017, 957; BGH, Magazindienst 2014, 614 = ZIP 2014, 1382 = WRP 2014, 948 = ZVertriebsR 2014, 252 = GRUR 2014, 797, BGH-Ls 488/14 = BB 2014, 2130; BGH, Vollstreckung effekt...