1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Norm stellt klar, dass die Geltendmachung von Schadensersatz trotz eines bereits erstrittenen Titels, der auf eine Individualleistung nach §§ 883 bis 890 ZPO gerichtet ist, zulässig ist (OLG Celle, NJW-RR 2008, 168). Die Vorschrift regelt daher, dass der Gläubiger auf die Verwirklichung von Sekundäransprüchen angewiesen ist (Goebel/Goebel, § 11 Rn. 147; zum Ausschluss der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO und Übergang zur Schadensersatzklage nach § 893 ZPO vgl. OLG Stuttgart, OLGZ 1990, 354), wenn die Zwangsvollstreckung zur Vornahme einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung nach den §§ 887, 888 ZPO nicht mehr möglich ist.
Die Regelung betrifft insbesondere die Fälle, in denen der Gläubiger eine Handlung nicht erzwingen kann, weil die Zwangsvollstreckung wegen der finanziellen Situation des Schuldners ins Leere läuft. Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass ein Gläubiger regelmäßig zunächst seinen bestehenden Anspruch auf Leistung titulieren lassen und die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betreiben darf, ohne schon im Klageverfahren darauf verwiesen zu werden, es sei schon jetzt abzusehen, dass die Zwangsvollstreckung voraussichtlich ins Leere laufe (OLG Celle, NJW-RR 2008, 168).
Die Regelung stellt dabei selbst keine Anspruchsgrundlage für einen solchen Anspruch dar, sondern dient der Klarstellung, dass Sekundäransprüche durch die ursprüngliche Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel nicht ausgeschlossen sind (BGH, BGHZ 23, 215). Die betreffenden Anspruchsgrundlagen selbst ergeben sich aus dem materiellen Recht wie z. B. §§ 280 bis 286, 325 BGB, oder bei Vollstreckung eines Befreiungsanspruchs (OLG Düsseldorf, MDR 1980, 410).
Nach h. M. gilt die Vorschrift für alle Fälle der Zwangsvollstreckung nach den §§ 883 bis 892 ZPO, nicht dagegen für die des § 894 ZPO (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 893 Rn. 2; Zöller/Seibel, § 893 Rn. 1; RGZ 76, 409, 412).
Rz. 1a
Die Regelung ist auch anzuwendend bei einer Verurteilung zur Leistung einer bestimmten Menge von Wertpapieren, wenn der Schuldner diese Wertpapiere nicht besitzt. Der Gläubiger kann sich wegen § 887 Abs. 3 ZPO nicht zur Anschaffung auf Kosten des Schuldners ermächtigen lassen. Er ist in einem solchen Fall auf die Ersatzklage gem. § 893 ZPO zu verweisen (LAG Hamburg, ZIP 2014, 1696).
2 Zuständigkeitsregelung (Absatz 2)
Rz. 2
Abs. 2 regelt die ausschließliche (§ 802 ZPO) sachliche und örtliche Zuständigkeit. Für eine Klage auf Leistung des Interesses ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges zuständig, bei dem die vorangegangene Klage über die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung rechtshängig war, also das Gericht, das zuvor mit der Individualleistungsklage befasst war. Es ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur anerkannt, dass das Gesetz als "Prozessgericht" sowohl hinsichtlich der sachlichen als auch der örtlichen Zuständigkeit das Gericht bestimmt, das den Herausgabetitel geschaffen hat (BGH, NJW 1997, 2245; LAG Köln, AA 2014, 162; Zöller/Seibel, § 893 Rn. 2 m. w. N.; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 893 Rn. 6; Prütting/Gehrlein/Olzen, § 893 Rn. 2). Denn das Gesetz begründet gemäß §§ 893 Abs. 2, 802 ZPO einen ausschließlichen Gerichtsstand. Es handelt sich dabei um lex specialis für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, durch die die §§ 12 ff. ZPO vollständig verdrängt werden. Insofern kann auch das Familiengericht in Betracht kommen, vor allem bei einer Klage auf Leistung des Interesses bei der Nichterfüllung titulierter Ansprüche auf Herausgabe von Hausratsgegenständen (MünchKomm/ZPO-Gruber § 893 Rn. 6; OLG Schleswig-Holstein, FamRZ 2003, 1199; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1168; LG München, FamRZ 1992, 335; Musielak/Voit/Lackmann § 893 Rn. 2; aA OLG Düsseldorf, FamRZ 1985, 406; OLG Koblenz, FamRZ 1982, 507). Dies gilt auch für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (BGH, NJW 1997, 2245 = IStR 1997, 319 = WM 1997, 1310 = MDR 1997, 683; a. A. KG Berlin, IPRax 1997, 340; Abgrenzung BGH BGHZ 44, 46 = JZ 1966, 237). Bei einem Verstoß gelten die §§ 11 ZPO (RGZ 66, 17, 18), 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 ZPO (MünchKomm/ZPO-Gruber § 893 Rn. 6). Ist der Ausgangstitel über die Vornahme einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung also vom FamG ergangen, so ist dieses auch für die Klage auf das Interesse in Form von Schadensersatz zuständig, obwohl es sich regelmäßig nicht um eine Familiensache handelt (OLG Schleswig, NJW-RR 2003, 1013; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1168).
Sinn und Zweck der Regelung, nämlich die Sachkunde desjenigen Gerichts, dass den Herausgabetitel geschaffen hat, sich auch im Vollstreckungsverfahren nutzbar zu machen, sprechen hierfür (OLG Zweibrücken, FamRZ 2006, 431; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1168; OLG Schleswig, NJW-RR 2003, 1013; LG München II, FamRZ 1992, 335; a. A. OLG Koblenz, FamRZ 1982, 507; OLG Düsseldorf, FamRZ 1985, 406 unter Hinweis auf BGH, NJW 1980, 192 = FamRZ 1980, 45 = MDR 1980, 216). In gleicher Weise bleibt unbeachtlich, ob der Streitwert der Klage auf das Interesse den Betrag vo...