1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Regelung bezweckt die Gewährung einer selbständigen vorläufigen Sicherungsmaßregel bei der Verurteilung zur Abgabe von Willenserklärungen zum Zwecke der Eintragung in das Grundbuch oder ein sonstiges Register. Die Regelung erscheint auch notwendig, weil zwischen dem Erlass und der Rechtskraft eines Urteils (§ 894 ZPO setzt die Rechtskraft voraus) regelmäßig eine gewisse Zeit vergeht. Lautet das vom Gläubiger erwirkte Urteil auf Abgabe einer Willenserklärung, aufgrund deren eine Eintragung in das Grundbuch (Schiffs- oder Schiffsbauregister) erfolgen soll, besteht die Gefahr, dass der Schuldner bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils Verfügungen vornimmt, die geeignet sind, den Anspruch des Gläubigers zu vereiteln. Deshalb wird diesem die Möglichkeit eingeräumt, eine Vormerkung bzw. einen Widerspruch eintragen zu lassen (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 895 Rn. 1). Durch die Vorschrift wird zu diesem Zweck zugleich die nach § 19 GBO erforderliche Eintragungsbewilligung des Schuldners fingiert. Mit dem Erlass des vorläufig vollstreckbaren Urteils gilt die Bewilligung als abgegeben.
Rz. 2
Eine Vormerkung ist auf Antrag des Gläubigers einzutragen, wenn es sich um die Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf dingliche Rechtsänderung handelt (§ 883 BGB), ein Widerspruch (§ 899 BGB), wenn das Urteil einen Berichtigungsanspruch (§ 894 BGB) zuerkennt. Zwar tritt in beiden Fällen keine Grundbuchsperre ein: Eine Verfügung entgegen der eingetragenen Vormerkung ist jedoch dem Begünstigten (Gläubiger) gegenüber relativ unwirksam, und der Widerspruch vermag einen gutgläubigen Erwerb zu verhindern.
2 Voraussetzungen
Rz. 3
Der Titel muss vorläufig vollstreckbar sein (§§ 708, 709 ZPO). Der Schuldner muss zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt worden sein, aufgrund derer eine Eintragung ins Grundbuch, Schiffsregister oder Schiffsbauregister verlangt werden kann (Abgabe einer Auflassungserklärung; die Bestellung einer Grundschuld etc.). Hängt die vorläufige Vollstreckbarkeit von der Erbringung einer Sicherheitsleistung ab, muss diese bereits erbracht sein, ehe nach dieser Bestimmung vorgegangen werden kann (OLG Schleswig Holstein, Rpfleger 2010, 264; Zöller/Seibel, § 895 Rn. 1; Musielak/Voit/Lackmann, § 895 Rn. 2, 3; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 895 Rn. 3; Zawar, JZ 1975, S. 168). Der Gegenauffassung, wonach der Gläubiger die durch das Prozessgericht angeordnete Sicherheitsleistung nicht nachweisen muss (Brox/Walker, Rn. 1118), ist nicht zu folgen. Insbesondere überzeugt das vorgebrachte Argument nicht, wonach der Gläubiger auch im Wege einer einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung ohne Sicherheitsleistung erreichen könne. Das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung hat andere Voraussetzungen als die Eintragung einer Vormerkung aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils nach § 895 ZPO (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 895 Rn. 3). Wenn das Prozessgericht in dem nicht rechtskräftigen Urteil jedoch nur hinsichtlich der Vollstreckung wegen der Kosten eine Sicherheitsleistung angeordnet hat, muss die Erbringung der Sicherheitsleistung auch nur für die Vollstreckung aus der Kostenentscheidung nachgewiesen werden (OLG Schleswig Holstein, Rpfleger 2010, 264 = NJW-RR 2010, 1103; Stein/Jonas/Brehm, 895 Rn. 4). Die Anordnung einer Sicherheitsleistung in Höhe von "120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages" kann sich nur auf die Vollstreckung wegen der Kosten beziehen, nicht aber auf die Hauptsacheentscheidung über die Abgabe einer Willenserklärung.
Rz. 4
Die Willenserklärung, zu deren Abgabe das Urteil verpflichtet, muss als Grundlage einer Eintragung in das Grundbuch, Schiffs- oder Schiffsbauregister bestimmt sein. Es gilt entsprechend für andere Register, die die Vormerkung oder den Widerspruch kennen (Luftfahrzeugrolle, Kabelpfandregister). Die Art der Eintragung spielt keine Rolle. So kann es sich um Rechtsänderungen, Berichtigungen oder Löschungen handeln. In Betracht kommen als Titel nur (vorläufig vollstreckbare; OLG Nürnberg, Rpfleger 2012, 521; im Ergebnis ebenso OLG Köln, ZErb 2012, 83 = FGPrax 2012, 57) Urteile, da Beschlüsse mit dem Inhalt der Vorschrift nicht vorkommen und Prozessvergleiche und vollstreckbare Urkunden auch hier (wie bei § 894 ZPO; vgl. § 894 Rz. 2) nicht betroffen sind. Die Vorschrift ist auf rechtskräftige Urteile entsprechend anzuwenden (OLG Köln, Beschluss v. 5.5.2010, 2 Wx 65/10 – Juris; OLG Stuttgart, Justiz 1979, 298). Soweit durch einstweilige Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung angeordnet wird, ist das kein Fall der Bestimmung (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 895 Rn. 3; a. A. OLG Köln, ZErb 2012, 83 = FGPrax 2012, 57 m. w. N.). Ebenso ist die Norm nicht anwendbar, wenn der Schuldner lediglich zur Bewilligung einer Vormerkung verurteilt wurde (BayObLG, NJW-RR 1997, 1445).
3 Wirkung
Rz. 5
Das Grundbuchamt wird bei der Eintragung der Vormerkung bzw. des Widerspruchs nicht als Vollstreckungsorgan tätig (BayObLG, NJW-RR 1997, 1445 = Rpfleger 1997, 525; a. A. KG, Rpfleger...