Rz. 3
Der Schuldner hat bei Antragstellung gegenüber dem Vollstreckungsgericht glaubhaft zu machen, dass er sich darum bemüht hat, zunächst bei der die Leistung gewährenden Stelle – z. B. dem Sozialleistungsträger – die erforderliche Bescheinigung zu erlangen, und dies sodann bei einer weiteren Stelle z. B. einer Schuldnerberatungsstelle nochmals versucht hat. Er hat in diesem Zusammenhang glaubhaft zu machen, dass er die Bescheinigung von den beiden genannten Stellen nicht in zumutbarer Weise erlangen konnte. Dabei ist hinsichtlich der Beurteilung der Zumutbarkeit gerade auch der Zeitraum zwischen dem Nachsuchen des Schuldners um die Bescheinigung und dem Zeitpunkt, in dem er bei einem geordneten Verwaltungsablauf mit der Ausstellung rechnen kann, maßgeblich. Darüber hinaus sind die den Schuldner im Vollstreckungsverfahren betreffenden Fristen bedeutsam: So besteht zugunsten des Schuldners z. B. in den Fällen des § 900 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Moratorium für die Leistung aus dem Guthaben von nur einem Kalendermonat; innerhalb dieses Zeitraums müsste der Schuldner ebenfalls einen Nachweis durch Vorlage einer Bescheinigung führen, um Erhöhungsbeträge pfändungsfrei zu stellen. Diese zeitlichen Kriterien müssen daher auch für das Vollstreckungsgericht bei der Ausfüllung des Begriffs der Zumutbarkeit beachtet werden. Sollte eine Bescheinigung in zumutbarer Weise auch bei einer weiteren berechtigten Stelle nicht zu erlangen sein, muss der Schuldner daher nicht noch weitere Stellen (möglicherweise wiederum erfolglos) aufsuchen. Dem Vollstreckungsgericht kommt in diesen Fällen kein Ermessensspielraum für sein Tätigwerden zu.
2.1 Beschlusswirkung (Satz 3)
Rz. 4
Der Beschluss über die Bestimmung der Erhöhungsbeträge durch das Vollstreckungsgericht hat dieselbe Wirkung wie eine durch die zuständige Stelle ausgestellte Bescheinigung (Satz 3). Diese in Beschlussform ergangene Bescheinigung kann jedoch durch eine spätere Bescheinigung ersetzt werden, auch wenn diese nicht in Beschlussform ergeht (BT-Drucksache 19/19850, 42). Erlangt der Schuldner daher von der zuständigen Stelle zeitlich später eine Bescheinigung, die weitere bzw. neue Erhöhungsbeträge bescheinigt, ersetzt diese Bescheinigung den zuvor erlassenen gerichtlichen Beschluss.
Rz. 5
Dies dürfte in der Praxis vor allem bei Kreditinstituten für Verwirrung sorgen: Denn wenn diesen zuvor eine gerichtliche Entscheidung über die Erhöhung zugestellt wurde und diese dann nachträglich dadurch wegfallen soll, indem der Schuldner eine neue – dieses Mal von der zuständigen Stelle – Bescheinigung vorlegt, wird das Kreditinstitut vorsorglich – auch aus Haftungsgründen – zunächst keine Erhöhungsbeträge mehr an den Schuldner auszahlen und diese vielmehr zunächst zurückhalten. Dies wird dazu führen, dass sich Schuldner wieder an das zuständige Vollstreckungsgericht wenden müssen, um eine Klarstellung herbeizuführen.
2.2 Hinweispflicht auf mögliche Unpfändbarkeit (Satz 2)
Rz. 6
Im Rahmen der Festsetzung der Erhöhungsbeträge durch das Vollstreckungsgericht muss dieses den Schuldner von Amts wegen auch auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 907 ZPO (Festsetzung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf dem P-Konto) hinweisen. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen nach dem Vorbringen des Schuldners unter Beachtung der von ihm vorgelegten Unterlagen ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung der Unpfändbarkeit des Guthabens vorliegen könnten. Im Hinblick darauf, dass der Gläubiger vor einer Festsetzung der Unpfändbarkeit gemäß § 907 ZPO angehört werden muss, muss der Erhöhungsbetrag, wie beantragt, zunächst festgesetzt werden, wodurch der ursprünglich gestellte Antrag erledigt wird. In einem etwaigen weiteren Verfahren kann die Festsetzung der Unpfändbarkeit des Kontoguthabens nach § 907 ZPO auf Antrag des Schuldners sodann erfolgen.
Rz. 7
Diese Regelung birgt Gefahren, vor allem für Schuldner. Denn sollte das Gericht der Ansicht sein, dass ein Antrag nach § 907 ZPO zwar möglich sei, hat dies noch nicht zwangsläufig zur Folge, dass ein solch gestellter Antrag auch tatsächlich erfolgreich, d. h. begründet ist. Ist dies nicht der Fall, muss der Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen werden, was eine weitere unnötige Kostenbelastung (z. B. Rechtsanwaltskosten und Zustellungsauslagen) des Schuldners zur Folge hätte. Gerade in dem Fall, dass unterschiedliche Rechtspfleger über einen Antrag nach § 905 Satz 1 ZPO und § 907 ZPO entscheiden, kann dies vorkommen.