2.1 Voraussichtliche Erfolglosigkeit der Vollstreckung
Rz. 2
Eine befristete Anordnung der Unpfändbarkeit der Kontopfändung macht erforderlich, dass der Schuldner beim Vollstreckungsgericht die befristete Aufhebung der Pfändung beantragt und glaubhaft macht, dass die Zwangsvollstreckung für den Pfändungsgläubiger aussichtslos erscheint (BT-Drucksache 16/12714, S. 22).
2.2 Erforderlicher Tatsachenvortrag des Schuldners
Rz. 3
Der Schuldner muss nachweisen – nicht nur glaubhaft machen –, dass in den letzten 6Monaten vor dem Antrag überwiegend unpfändbare Beträge auf dem Konto gutgeschrieben wurden (Abs. 1 Satz 1 Nummer 1). Der Antrag kann damit auch schon unmittelbar nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses gestellt werden. Hieraus folgt aber auch zugleich, dass ein gelegentlicher Eingang unbedeutender – pfändbarer – Beträge einem Antrag nicht entgegen steht (HK-ZV/Meller-Hannich, § 850l Rn 10). Die Unpfändbarkeit der gutgeschriebenen Leistungen kann sich aus den Regelungen der ZPO (z. B. § 850c ZPO), des SGB I (z. B. §§ 54 SGB I, 42 SGB III) oder besonderen Leistungsgesetzen (z. B. § 76a EStG) ergeben.
Rz. 4
Bei der Beurteilung der Unpfändbarkeit ist allerdings nicht nur der zeitliche Aspekt zu betrachten, sondern vor allem auch die Höhe der pfändbaren Beträge spielt eine entscheidende Rolle (BeckOK ZPO/Riedel, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 850l Rz. 4.1).
Rz. 5
Dem gepfändeten P-Konto des Schuldners wurden in 4 der letzten 6 Monate keine pfändbaren Beträge gutgeschrieben. In 2 der letzten 6 Monate haben sich allerdings pfändbare Beträge ergeben.
Lösung
Zeitlich betrachtet sind zwar überwiegend unpfändbare Beträge dem Konto gutgeschrieben worden. Dennoch darf eine Anordnung der befristeten Unpfändbarkeit nur in Betracht kommen, wenn sich in der Summe nur geringe pfändbare Beträge ergeben haben.
Rz. 6
Der Schuldner muss weiterhin glaubhaft machen, dass auch in den nächsten 6 Monaten – bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung – nur mit dem Eingang von ganz überwiegend nicht oder allenfalls in geringfügigem Umfang pfändbaren Beträgen zu rechnen ist (Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 ZPO). Pauschale Aussagen, dass innerhalb der nächsten 6Monate aller Voraussicht nach nicht mit dem Eingang pfändbarer Beträge auf dem P-Konto zu rechnen ist, werden den strengen Anforderungen an die zukunftsbezogene Prognose daher nicht gerecht, da sie weder Darlegung noch Glaubhaftmachung enthalten (AG Hannover ZVI 2011, 230). Vielmehr kann eine solche Zukunftsprognose z. B. nur bejaht werden, wenn der Schuldner berufsunfähig ist und eine Besserung seiner gesundheitlichen Beschwerden kurz- und mittelfristig nicht zu erwarten ist oder er sich als Empfänger sozialer Transferleistungen schon seit Längerem erfolglos um einen Arbeitsplatz bemüht hat (vgl. §§ 2, 10 SGB II; BT-Drs. 16/7615, 17; BeckOK ZPO/Riedel, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 850l Rz. 5), ebenso, wenn die Rente des Schuldners unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt und er glaubhaft machen kann, dass zu erwarten ist, dass seinem Konto in den folgenden 6Monaten nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge gutgeschrieben werden (AG Bochum VuR 2012, 413). Vor dem Hintergrund, dass ein angemessener Ausgleich der Interessen von Gläubiger und Schuldner gefunden werden muss, sind nicht zu geringe Anforderungen an die Prognose zu stellen. Nach der Lebenserfahrung kann selbst bei mittellosen Schuldnern noch mit pfändbaren Zahlungseingängen wie z. B. Steuererstattungen gerechnet werden (BT-Drs. 16/7615, 17; BeckOK ZPO/Riedel, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 850l Rz. 5). Den Schuldner trifft somit eine umfangreiche Beibringungs- und Beweispflicht, sodass Leistungsbescheide, Einkommensbelege und Kontoauszüge vollständig und lückenlos vorzulegen sind (AG Heilbronn VuR 2012, 113; AG Brühl JurBüro 2011, 270; AG Frankfurt/Main ZVI 2011, 262; AG Hannover 17.9.10, 712 M 125742/10).