10.1 Allgemeines
Rz. 60
Seit dem 1. Januar 2002 ist das Euro-Bargeld eingeführt. Zeitgleich verlor die Deutsche Mark ihren Status als gesetzliches Zahlungsmittel. Mit dem 1. Januar 2002 sind auch die Girokonten automatisch auf Euro umgestellt worden, wenn nicht der Kunde bereits zuvor sein Konto auf Euro umgestellt hatte. Der Euro ist eine multinationale Währung; er gilt in den an der Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaaten. Der Euro ist in 18 der 28 EU-Ländern die offizielle Währung. Diese Länder werden auch als Euroraum bezeichnet. Hierzu gehören: Deutschland, Belgien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern. Dänemark, Großbritannien und Schweden sind bis heute bei ihrer eigenen Währung geblieben. In den zehn neuen EU-Ländern, die mit Wirkung vom 1. Mai 2004 beigetreten sind, ist der Euro erst zu einem Teil eingeführt. Die Teilnahme der übrigen beigetretenen Länder am Euro kommt dann in Betracht, wenn gewisse Kriterien für den Staatshaushalt erfüllt sind. Damit gilt der Euro (noch) nicht in Polen, der Tschechischen Republik und Ungarn.
Rz. 61
Seit dem 1. Januar 2002 ist die Währungseinheit Euro nur noch in Cent unterteilt.
Der durch die Verordnung (EG) Nr. 2866/98 vom 31. Dezember 1998 unwiderruflich festgelegte Umrechnungskurs beträgt: 1 EUR = 1,95583 DM.
Die einheitliche Währung im Euro-Währungsgebiet führt zum Wegfall der Devisenumtausch- und Kurssicherungskosten. Darüber hinaus wird eine höhere Preistransparenz für Güter und Dienstleistungen erzielt, so dass ein direkter Preisvergleich in den Staaten des Euro-Währungsgebiets möglich ist.
10.2 Der Euro in der Zwangsvollstreckung
Rz. 61a
Aus Zahlungstiteln, die auf DM lauten, kann weiterhin die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Eine "Umschreibung" analog §§ 727 ff. ZPO auf Euro kommt nicht in Betracht. Es würde sowohl am Rechtsschutzinteresse fehlen als auch an einer Anspruchsgrundlage. Gemäß Art. 14 der Euro-Verordnung II gelten nämlich Geldtitel auf DM als auf Euro umgestellt. Die Umrechnung obliegt dem Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan (vgl. § 130 Nr. 4 GVGA). Der Gerichtsvollzieher rechnet mithin unter Anwendung des Umrechnungsfaktors 1 EUR = 1,95583 DM die titulierte Forderung um. Bei der Umrechnung muss der Gerichtsvollzieher die Grundsätze der Euro-Verordnung I beachten. Dies heißt:
Es besteht eine Pflicht zur Verwendung des offiziellen Umrechnungskurses. Insbesondere dürfen um mehrere Stellen gekürzte Kurse (z. B. 1 EUR = 1,96 DM) nicht verwandt werden. Auch umgekehrte Kurse sogenannte inverse Umrechnungskurse (z. B. 1 DM = 0,51129 EUR) sind unstatthaft. Die Verwendung derartiger Umrechnungskurse beinhaltet zwangsläufig eine Rundung und führt so zu Ungenauigkeiten. Die Umrechnung von DM in Euro erfolgt mithin dadurch, dass der Ausgangsbetrag durch den offiziellen Umrechnungskurs zu teilen ist.
Eine DM-Forderung wird in Euro umgerechnet, indem der DM-Betrag durch 1,95583 geteilt wird; z. B. 1.234,56 DM : 1,95583 = 631,2205 EUR. Gemäß Art. 5 Satz 1 der Euro-Verordnung II erfolgt nach der Umrechnung sodann die Rundung auf den nächstliegenden Cent, wobei die so genannte kaufmännische Rundung anzuwenden ist; bis 4 wird abgerundet, ab 5 wird aufgerundet. Der errechnete Betrag ist auf zwei Stellen hinter dem Komma zu runden; bis 4 wird abgerundet, ab 5 wird aufgerundet. Maßgebend dabei ist ausschließlich die dritte Nachkommastelle; z. B. 35,55 DM: 1,95583 = 18,17642637 EUR = 18,18 EUR.
Rz. 61b
Bei mehreren Titeln eines Gläubigers sind diese einzeln und nicht erst die Addition der DM-Beträge umzurechnen und zu runden, weil der jeweils einzelne Geldtitel ab 1. Januar 2002 durch unmittelbar geltendes EG-Recht als auf Euro umgestellt gilt. Erst dann erfolgt eine Addition der einzelnen Euro-Beträge aus den einzelnen Titeln. Es erscheint jedoch vertretbar, hinsichtlich des einzelnen Titels erst dessen Gesamtbetrag und nicht dessen Einzelposten (Hauptforderung, Nebenforderung, Vollstreckungskosten) umzurechnen.
Rz. 61c
Der bezogen auf die DM-Forderung titulierte Zinssatz bleibt auch bei der Umrechnung der Hauptforderung in Euro unverändert, z. B. der Gläubiger hat eine zu vollstreckende Forderung 8.383,33 DM nebst 4 % Zinsen seit 1.7.2000. Es wird unterstellt, dass der Gläubiger Hauptforderung und Zinsen bis zum 30.6.2002 geltend machen kann. Der Gerichtsvollzieher rechnet wie folgt um:
8.383,33 DM : 1,95583 = 4.286,328566 EUR = 4.286,33 EUR, 4 % Zinsen aus 4.286,33 EUR = 171,4531426 EUR × 2 Jahre = 342,9062852 = 342,91 EUR. Insgesamt zu vollstreckende Forderung: 4.286,33 EUR + 342,91 EUR = 4.629,24 EUR. Fortan vollstreckt der Gerichtsvollzieher in Euro.
Rz. 61d
Bei ausländischen Zahlungstiteln, die auf die jeweilige nationale Währung lauten, gilt, dass zunächst die Vollstreckbarkeit im Inland geschaffen werden muss. Die inländische Vollstreckbarkeit kann durch Vollstreckungsurteil nach § 722 ZPO (vgl. im Einzelnen dort) geschaffen werden. Durch multilaterale und bilaterale Abk...