1 Unterschiede zur Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen (Mobiliarvollstreckung)
Rz. 1
Die Wirkungen der Mobiliarvollstreckung werden grundsätzlich an die Pfändung der im Besitz des Schuldners befindlichen Sache(n) durch Besitzergreifung seitens des Gerichtsvollziehers als Vollstreckungsorgan geknüpft. Bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen (§ 829 ZPO) und andere Vermögensrechte (§ 857 ZPO) fehlt im Gegensatz zur Mobiliarvollstreckung eine äußerlich erkennbare Grundlage dafür, die Zugehörigkeit des gepfändeten Rechts zum Schuldnervermögen zu vermuten. Bei der Zwangsvollstreckung in Vermögensrechte geht es im Wesentlichen darum, ein Verfahren zu organisieren, in dem der Übergang von Rechten des Schuldners auf den Gläubiger bewirkt werden kann. Denn dem Gläubiger soll es ermöglicht werden, die Leistungen zu erlangen, die der (Vollstreckungs-)Schuldner von seinen (Dritt-)Schuldnern verlangen kann. Zwangsläufig treten dabei Probleme des Abtretungsrechts auf: Um die Rechtsdurchsetzung des Gläubigers nicht zu gefährden, gilt es nämlich zu verhindern, dass der Drittschuldner an den Schuldner mit befreiender Wirkung leisten kann. Der Drittschuldner muss also in das Verfahren der Zwangsvollstreckung mit einbezogen werden.
2 Die Systematik des Gesetzes
Rz. 2
Die §§ 828 und 851d ZPO gelten für die Zwangsvollstreckung in alle Arten von Forderungen und sonstigen Vermögensrechten. Die §§ 829 bis 845 sowie § 853 ZPO enthalten allgemeine Regeln für die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen. Diese werden in den §§ 850 bis 850k, 851a bis 852 und 863 ZPO durch Sonderregelungen für jeweils bestimmte Geldforderungen (z. B. Arbeits- und Diensteinkommen pp.) ergänzt.
Die §§ 846 bis 849, 854 bis 855a ZPO regeln die Zwangsvollstreckung in Herausgabeansprüche.
Die §§ 857 bis 860 ZPO schließlich regeln die Zwangsvollstreckung in "andere Vermögensrechte".
Ergänzungen zu den Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen hinsichtlich der Pfändung von Ansprüchen von Sozialleistungen enthält § 54 SGB I.
Die abgabenrechtliche Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte ist in den Bestimmungen der §§ 309 bis 321 AO geregelt. (Sie entspricht weitestgehend der Regelung der ZPO.) Eine in der Praxis sehr bedeutsame Vorschrift für die Vollstreckung in abgabenrechtliche Erstattungsansprüche enthält die Vorschrift des § 46 AO.
3 Probleme der internationalen Forderungsvollstreckung
Rz. 3
Bei der Vollstreckung in eine Geldforderung (§ 829 Abs. 1 ZPO) wird nicht unterschieden, welche Rechtsordnung der Forderung zugrunde liegt, ob sie nach deutschem oder ausländischem Recht begründet ist. Auch spielt es, sofern die Zuständigkeit eines inländischen Amtsgerichts zum Erlass des Pfändungsbeschlusses gegeben ist (§ 828 Abs. 1 und 2 ZPO), keine Rolle, ob der Schuldner oder der Drittschuldner zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses seinen Wohnsitz im In- oder Ausland hat.
Rz. 4
Die Pfändung wird nach § 829 Abs. 3 ZPO erst dann wirksam, wenn der Beschluss dem Drittschuldner zugestellt ist. Die Pfändung kann bei dem ausländischen Drittschuldner nur dann wirksam werden, wenn der Beschluss unter Mitwirkung des ausländischen Staates dem Drittschuldner zugestellt wird.
Rz. 5
Wie titulierte Forderungen im Ausland vollstreckt werden können, richtet sich letztlich danach, ob ein deutscher oder ein europäischer Vollstreckungstitel vorliegt. Wird der deutsche Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom Drittschuldner im Ausland nicht anerkannt, gibt es drei Wege: der deutsche Titel kann für vollstreckbar erklärt, ein europäischer Vollstreckungstitel beantragt oder es kann die vereinfachte Vollstreckung vorgenommen werden.
Rz. 6
Die EU-Verordnung 1215/2012 ersetzt die EU-Verordnung 44/2001, die bis zum 10.1.2015 gilt. Die EU-Verordnung 1215/2012 regelt die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Die Verordnung gilt in allen Mitgliedstaaten der EU und findet mittelbar auch im Verhältnis zu Dänemark Anwendung.
Im Unterschied zur Rechtslage bis 9.1.2015 ist seit dem 10.1.2015 das sog. Vollstreckbarkeiterklärungsverfahren entfallen. Dies hat für Gläubiger in grenzüberschreitenden Fällen erhebliche Erleichterungen zur Folge: Sie können sich im Vollstreckungsstaat unmittelbar an die zuständigen Vollstreckungsorgane wenden. Darüber hinaus ist in einfach gelagerten Fällen eine Übersetzung des gesamten Titels – einschließlich der Begründung – entbehrlich. Ausreichend ist im Regelfall die Vorlage der im Ursprungsstaat ausgestellten Bescheinigung sowie gegebenenfalls eine Übersetzung derselben. Aus der Bescheinigung lassen sich die für die Vollstreckung relevanten Angaben ersehen. Für die Anwendbarkeit der Vorschriften kommt es auf den Zeitpunkt der Errichtung des Titels bzw. auf den Zeitpunkt der Einleitung des zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahrens an.
Die Rechte der Schuldner wurdeebenfalls verbessert. Die Vollstreckung einer Entscheidung kann auf Antrag des Schuldners vor oder nach eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen versagt werden, sofern im Ursprungsstaat wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt wurden oder die Vollstreckung der Entsc...