Zusammenfassung

 
Überblick

Ist der Grenzverlauf zwischen Grundstücksnachbarn unstreitig, fehlen aber feste Grenzzeichen, wurden sie im Laufe der Zeit unkenntlich oder von ihrem ursprünglich richtigen Standort versetzt, hat jeder Grundstückseigentümer gegenüber seinem unmittelbaren Nachbar einen Anspruch auf "Grenzabmarkung", also darauf, dass dieser an der Errichtung oder Wiederherstellung fester Grenzzeichen mitwirkt (§ 919 BGB).

Ist der Grenzverlauf zwischen Grundstücksnachbarn streitig und kann keiner der Betroffenen die richtige Grenze bezeichnen und nachweisen, können die Parteien einen Grenzfeststellungsvertrag schließen oder es kommt eine Grenzscheidungsklage nach § 920 BGB in Betracht.

1 Einführung

Nach dem in § 903 BGB geregelten Grundsatz kann jeder Grundstückseigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, einerseits mit seinem Grundstück nach Belieben verfahren und andererseits andere von jeder Einwirkung ausschließen. Diese Eigentümerbefugnisse beschränken sich nicht nur auf die Grundstücksfläche als solche, sondern erstrecken sich auch auf den Luftraum über der Oberfläche und den Erdkörper unter der Oberfläche des Grundstücks (§ 905 BGB).

Grundstücksgrenze

Die Rechte des Eigentümers enden an den Grundstücksgrenzen, die so gesehen seinen Herrschaftsbereich markieren. Grundstücksgrenzen wurden seit altersher durch Pflöcke, Steine, Gräben, Mauern oder auf ähnliche Weise gekennzeichnet, soweit sie nicht in der Natur etwa durch einen Wasserlauf kenntlich sind. Heute sind Grundstücksgrenzen vermessungstechnisch festgelegte Linien, die ein Grundstück als einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche von einem anderen Grundstück trennen.

Die vermessungstechnische Ermittlung und Festlegung der Grundstücksgrenzen liegt sowohl im öffentlichen Interesse, weil die dadurch mögliche Individualisierung von Grundstücken als Grundlage für Steuererhebungen und öffentliche Planungsmaßnahmen unterschiedlichster Art dient. Sie liegt aber auch im Interesse der beteiligten Nachbarn, weil sie deren grundstücksbezogene Herrschaftsbereiche abgrenzt und eine exakte Grenzziehung wichtige Voraussetzung ist etwa für das Einhalten von Grenzabständen zum Nachbargrundstück beim Hausbau oder beim Pflanzen von Bäumen, Sträuchern oder Hecken. Ebenso wichtig ist es, den genauen Grenzverlauf zu kennen, wenn zwischen angrenzenden Nachbarn über einen sog. Grenzüberbau oder ein Fenster- und Lichtrecht gestritten wird.

Grenzstreitigkeit

An der gemeinschaftlichen Grundstücksgrenze berühren sich also die Interessen des einen Nachbarn mit denen des anderen. Es ist daher verständlich, wenn zwischen zwei Grundstücksnachbarn Meinungsverschiedenheiten über den Verlauf der beiderseitigen Grenze auftreten. Hier hilft der Gesetzgeber, der mit § 919 und § 920 BGB zwei grundlegende Vorschriften über das Recht der Grundstücksgrenze geschaffen hat, und zwar einmal für den Fall, dass die Grenze zwar bekannt ist, Grenzzeichen aber fehlen, von ihrem ursprünglichen Standort versetzt wurden oder unkenntlich geworden sind (§ 919 BGB) und zum anderen für den Fall, dass zwischen beiden Nachbarn Zweifel über den richtigen Grenzverlauf bestehen, ohne dass der eine oder der andere die von ihm behauptete Grenze beweisen kann (§ 920 BGB). Im ersteren Fall ermöglicht das Gesetz die gemeinschaftliche Abmarkung der unbestrittenen Grenze (Grenzabmarkung), im zweiten Fall die Feststellung der Grenze durch Gerichtsurteil (Grenzscheidung).

2 Begriffe

2.1 Liegenschaftskataster

Bei der Ermittlung und Feststellung (d. h. der amtlichen Bestätigung) von Grundstücksgrenzen sowie ihre Abmarkung durch örtlich erkennbare Grenzmarken oder Grenzzeichen kommt dem Liegenschaftskataster eine zentrale Bedeutung zu.

Das Liegenschaftskataster ist keine bundesweite katastermäßige Erfassung der Liegenschaften, sondern es handelt sich entgegen dem Sprachgebrauch um 16 Kataster, die von den Bundesländern geführt werden. Je Bundesland wird also ein Liegenschaftskataster geführt, in dem alle Liegenschaften des Landesgebiets erfasst sind.[1] Heute gibt es keine Bodenfläche des Hoheitsgebiets eines Bundeslands, die nicht vermessen und katastermäßig erfasst wäre.

Zuständig für die Führung des Liegenschaftskatasters sind die Kataster- und Vermessungsbehörden der Bundesländer.[2]

Das Liegenschaftskataster lässt sich zurückführen auf Liegenschaftsverzeichnisse, die gegen Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts in den deutschen Ländern eingeführt wurden und die zunächst nur für Zwecke der Besteuerung von Grund und Boden gedacht waren. Bei der Einführung des Grundbuchs gegen Ende des 19. Jahrhunderts als amtlicher Nachweis des Grundeigentums wurden die katastermäßigen Aufzeichnungen dieser Liegenschaftsverzeichnisse genutzt. Seit dieser Zeit wird darauf geachtet, dass die Katasterunterlagen in den Katasterbüchern und -karten des Liegenschaftskatasters mit den Eintragungen im Grundbuch deckungsgleich sind.

Dieser historischen Entwicklung tragen die Kataster- und Vermessungsgesetze der Bundesländer dadurch Rechnung, dass sie ihre Liegenschaftskataster ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge