3.2.1 Mitbenutzung der Grenzwand durch den Nachbarn
Da der Nachbar kein originäres Recht zur Mitbenutzung der Grenzwand hat, bedarf jede Form der Mitbenutzung, etwa durch Anbringen von Spaliervorrichtungen, Nutzung für Kletterpflanzen oder auch – soweit das Baurecht dies zulässt – als Abschlusswand eines Gebäudes, der Zustimmung des Eigentümers der Grenzwand.
Davon gehen auch die einschlägigen Vorschriften der Landesnachbarrechtsgesetze aus, die im Übrigen Anzeigepflichten, einen Vergütungsanspruch im Falle eines vereinbarten Anbaus und weitere Rechtspflichten der Nachbarn regeln.
Unerlaubte Nutzung
Benutzt der Grundstücksnachbar die Grenzwand unerlaubt, so kann deren Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung der Störung und das Unterlassen weiterer Störungen verlangen. Deshalb ist es einem Nachbarn auch nicht gestattet, den Zwischenraum zwischen seiner neu errichteten Grenzwand und einer bestehenden Grenzwand im Wege der Selbsthilfe durch Befestigen eines Abschlussblechs an der bestehenden Grenzwand zu schließen. Ohne Zustimmung ihres Eigentümers, die gegebenenfalls im Klagewege durchgesetzt werden muss, geht hier nichts.
3.2.2 Rechtsbeziehungen der Nachbarn nach dem Abriss eines Gebäudes
Schutz vor Witterungseinflüssen
Wird ein Gebäude abgerissen, welches an eine Grenzwand angebaut war oder mit einer eigenen Grenzwand unmittelbar an die Grenzwand des Nachbargebäudes angrenzte, so wird die Grenzwand des stehen bleibenden Gebäudes freigelegt und damit Witterungseinflüssen ausgesetzt, die Vorkehrungen zum Schutz der Grenzwand notwendig machen können.
Regelung nur in Sachsen-Anhalt
Diese Fallgestaltung ist nur im Nachbarschaftsgesetz von Sachsen-Anhalt geregelt und zwar dergestalt, dass der sein Gebäude abreißende Grundstückseigentümer die stehen bleibende Grenzwand des Nachbargebäudes "in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand" zu versetzen und sie damit auch mit einem Außenputz zu versehen hat. In Sachsen-Anhalt wird also bei dieser Fallgestaltung zwischen Nachbarwand und Grenzwand kein Unterschied gemacht.
Die Nachbarrechtsgesetze der anderen Bundesländer enthalten für diesen Fall keine Regelungen.
Das OLG Köln hat einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Aufbringen eines Außenverputzes auf die Grenzwand des stehen bleibenden Gebäudes verneint und einen solchen insbesondere auch nicht aufgrund des § 1004 Abs. 1 BGB als begründet erachtet. Nach Auffassung des Gerichts spricht für dieses Ergebnis der Umstand, dass der Eigentümer des stehen bleibenden Gebäudes den Abriss des Nachbargebäudes dulden muss, da dessen Eigentümer nur von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Eine Pflicht, das abgerissene Haus im Interesse des Nachbarn zum Schutz vor Witterungseinflüssen stehen zu lassen, bestehe nicht.
Dieses Ergebnis entspricht nach Auffassung des Gerichts auch der Interessenlage. Denn der Eigentümer des stehen bleibenden Gebäudes hätte die Grenzmauer auch verputzen lassen und die Kosten dafür aufbringen müssen, wenn das Nachbarhaus zu dieser Zeit nicht errichtet oder bereits abgerissen worden wäre.
Auch der BGH lehnt einen Kostenersatz ab: Dass der Abriss eines entlang der Grenze benachbarter Grundstücke errichteten Gebäudes es notwendig macht, ein Gebäude auf dem angrenzenden Grundstück vor Witterungseinflüssen zu schützen, begründet keinen Ausgleichsanspruch des Eigentümers des angrenzenden Grundstücks.
Beschädigung der Grenzwand bei Abriss
Kommt es beim Abriss eines angebauten Gebäudes zu Beschädigungen an der Grenzwand des stehen bleibenden Gebäudes, haften die Nachbarn gem. § 823 BGB auf Schadensersatz. Der Eigentümer der beschädigten Grenzwand kann den Geldbetrag verlangen, der erforderlich ist, um die Wand als funktionsfähige Außenwand wieder herzustellen.