Prof. Dr. Dimitrios Stamatiadis, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
a) Grundsatzregelung, gesetzliche Vermutungen und Verwaltung des Vermögens eines Ehegatten durch den anderen
Rz. 22
Die Regelung des Art. 1397 ZGB sieht vor, dass die Eheschließung die vermögensrechtliche Selbstständigkeit der Ehegatten grundsätzlich nicht ändert. Wie im deutschen Recht entstehen also kraft Gesetzes weder gemeinschaftliches Vermögen noch gemeinschaftliche Schulden. Jeder Ehegatte haftet für seine vor und während der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten allein und nur mit seinem Vermögen. Selbstverständlich aber können auch nach griechischem Recht die Ehegatten gemeinschaftliches Vermögen (z.B. Miteigentum) und gemeinschaftliche Verbindlichkeiten (z.B. Gesamtschuld) nach den allgemeinen Regeln des Sachen- bzw. Schuldrechts begründen, etwa indem sie eine Immobilie zu Miteigentum zu je ein halb erwerben oder ein Ehegatte vertraglich die Mithaftung für eine Verbindlichkeit des anderen Ehegatten übernimmt. All das gilt unter den Vorbehalten
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einer eventuellen Gütergemeinschaftsvereinbarung (siehe Rdn 21) und |
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der besonderen Vorschriften über die Eigentumsvermutungen bei beweglichen Gegenständen, die sich im Besitz eines Ehegatten befinden. |
Rz. 23
Art. 1398 ZGB sieht drei Vermutungen bezüglich des Eigentums an den beweglichen Gegenständen, die sich im Besitz oder Gewahrsam eines oder beider Ehegatten befinden, vor:
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Es wird zugunsten der Gläubiger jedes Ehegatten vermutet, dass diese Gegenstände dem Ehegatten gehören, der Schuldner ist (Art. 1398 Abs. 1 ZGB). |
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In Bezug auf die Beziehungen der Ehegatten zueinander wird vermutet, dass die Gegenstände beiden zu gleichen Teilen gehören (Art. 1398 Abs. 2 ZGB). |
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Es wird davon ausgegangen, dass die Gegenstände, die für den persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmt sind, diesem Ehegatten gehören. Letzteres gilt sowohl in Bezug auf die Beziehungen der Ehegatten zueinander als auch in Bezug auf die Beziehungen der Ehegatten zu ihren Gläubigern (Art. 1398 Abs. 3 ZGB). |
Rz. 24
Eine besondere Vermutung enthält Art. 115 EinfG zum ZGB. Danach wird im Fall der Insolvenz des einen Ehegatten zugunsten der Insolvenzgläubiger vermutet, dass jeder Vermögensgegenstand, der vom anderen nach der Eheschließung und innerhalb von zwei Jahren vor Zahlungseinstellung erworben worden ist, dem Insolventen gehört.
Rz. 25
Während der Ehe verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig. Sollte dennoch der eine Ehegatte die Verwaltung seines Vermögens dem anderen anvertrauen, gibt es nur eine besondere Vorschrift (Art. 1399 ZGB), die – wenn nichts anderes vereinbart ist – den verwaltenden Ehegatten von den Pflichten der Rechnungslegung und der Herausgabe der Einkünfte aus der Verwaltung befreit. Sonst wird die Verwaltung des Vermögens des einen Ehegatten durch den anderen im gesetzlichen Güterstand nach den allgemeinen Vorschriften geregelt.
b) Gütergemeinschaft
Rz. 26
Nach Art. 1403 Abs. 1 ZGB können die Ehegatten statt der gesetzlich vorgesehenen Gütertrennung Gütergemeinschaft wählen. Dies wird gesetzlich definiert als das "System der Gemeinschaft zu gleichen Teilen an ihren Vermögensgegenstände ohne Verfügungsrecht eines jeden von ihnen über seinen eigenen Bruchteil". Der Vertrag muss notariell beurkundet werden und wird in ein eigens dafür vorgesehenes Register eingetragen. Im Vertrag dürfen die Einzelheiten der Gütergemeinschaft (Umfang, Beendigung etc.) unter Wahrung der Gleichheit der Rechte der Ehegatten geregelt werden. Trotz der ausführlichen gesetzlichen Regelung der Gütergemeinschaft (Art. 1403–1416 ZGB) wird von ihr in der Praxis so gut wie kaum Gebrauch gemacht.