Prof. Dr. Dimitrios Stamatiadis, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
Rz. 71
Nach der Ehescheidung wird die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten (Art. 256 ZGB) nicht mehr gehemmt. Die Verjährung tritt jedoch in diesem Fall nicht vor Ablauf von sechs Monaten, nachdem das Scheidungsurteil unwiderruflich wurde, ein (Art. 257 ZGB).
Rz. 72
Die Milderung des Maßstabes der gegenseitigen Haftung der Ehegatten bei der Erfüllung ihrer sich aus der Ehe ergebenden Verpflichtungen endet (Art. 1396 ZGB).
Rz. 73
Die Eigentumsvermutungen des Art. 1398 Abs. 2, 3 ZGB finden keine Anwendung. An ihrer Stelle gelten wieder die allgemeinen Vermutungen der Art. 1110 und 1111 ZGB. Die Vermutungen des Art. 1398 ZGB betreffen die im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen. Nach Art. 1398 Abs. 2 ZGB wird für die Beziehungen der Ehegatten zueinander vermutet, dass die beweglichen Sachen, die sich im Besitz oder im Gewahrsam beider befinden, beiden zu gleichen Teilen gehören. In Art. 1398 Abs. 3 ZGB wird für die Beziehungen der Ehegatten zueinander und zu ihren Gläubigern vermutet, dass die beweglichen Sachen, die für den persönlichen Gebrauch eines der Ehegatten bestimmt sind, diesem allein gehören.
Rz. 74
Im Fall des gesetzlichen Güterstandes der Gütertrennung mit Teilnahme am Zugewinn (Art. 1397, 1400–1402 ZGB) entsteht, wenn einer der Ehegatten den anderen mit der Verwaltung seines persönlichen Vermögens beauftragt hat, eine Verpflichtung zur Rechnungslegung und zur Herausgabe der Einkünfte aus der Verwaltung, sofern die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben (arg. e contrario aufgrund des Art. 1399 ZGB).
Rz. 75
Bei der Ehescheidung besteht keine Verpflichtung zum Zusammenleben (arg. e contrario aufgrund des Art. 1386 ZGB). Darüber hinaus werden die Regelungen der Nutzung der Familienwohnung (Art. 1393 ZGB) sowie der Aufteilung der beweglichen Sachen (Art. 1394 ZGB) nicht angewandt, da sie nur beim Getrenntleben der Ehegatten gelten. Eine schuldrechtliche Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten hinsichtlich der Nutzung der früheren Familienwohnung sowie der Aufteilung der Haushaltsgegenstände oder anderer beweglicher Sachen wird allerdings nicht ausgeschlossen.
Rz. 76
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten setzt das Bestehen der Ehe voraus (Art. 1820 ZGB). Bei Ehescheidung entfallen das gesetzliche Erbrecht sowie die Pflichtteilsrechte (Art. 1825 ZGB) der Ehegatten gegenseitig.
Rz. 77
In Art. 1822 ZGB wird der Ausschluss des Ehegattenerbrechts geregelt. Nach dieser Vorschrift sind das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ausgeschlossen, wenn ein begründeter Scheidungsgrund gegeben war und der Erblasser die Scheidung beantragt hatte. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift geht hervor, dass die Wirkungen der Ehescheidung schon bei Stellung des Scheidungsantrags bestehen.
Rz. 78
Darüber hinaus gelten die Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24.6.2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EUGüVO) und deren "Schwester"-Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates vom 24.6.2016 zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften (EUPartVO). Rechtsprechung scheint im Moment nicht vorzuliegen. Zu Einzelheiten der beiden Verordnungen siehe § 1.