Prof. Dr. Dimitrios Stamatiades, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
Rz. 101
Die Wichtigkeit der Bestimmungen über die Besteuerung der Erbfolge (ob im Gewand der "verteilenden Gerechtigkeit" oder, nüchterner betrachtet, als Beteiligung des Staates an den Erbschaften – jedenfalls verfassungsrechtlich als grundsätzlich unbedenklich angesehen) braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden.
I. Rechtsgrundlagen
Rz. 102
Gesetzliche Grundlage für die Besteuerung der Erbfolge ist das Gesetz Nr. 2961/2001 (Regierungsblatt Nr. 266 A’ vom 22.11.2001), wie es u.a. durch das Gesetz Nr. 3091/2002 (Regierungsblatt Nr. 330 A’) geändert worden ist. Das Gesetz Nr. 2961/2001 hat die bisher geltenden Gesetzestexte in einen einheitlichen Text kodifiziert. Die Besteuerung der Erbschaft wird allerdings auch von weiteren speziellen Gesetzen beeinflusst, die besondere Fälle regeln (zu nennen ist hier vor allem das Gesetz Nr. 1738/1987, Art. 21, welches das Pflichtteilsrecht für die im Ausland lebenden Griechen abweichend von den allgemein im grZGB statuierten Vorschriften regelt, siehe dazu Rdn 9 ff.). Zahlreiche Präsidial- bzw. Ministerialverordnungen ergänzen die Regelungen der o.g. Gesetze.
Rz. 103
Das steuerrechtliche Regelwerk bleibt stets nur schwer durchschaubar und unterliegt häufigen Änderungen. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen die allgemeine Struktur des Systems der Besteuerung der Erbfolge aufzeigen.
II. Grundsätze
Rz. 104
Im Prinzip wird jedes Vermögen, welches von Todes wegen oder aus Anlass des Todes (einer natürlichen Person) von einer natürlichen oder juristischen Person (also von einer GmbH, AG, Genossenschaft, Stiftung, von einem e.V., aber auch von einer OHG oder KG) erworben wird, von der Steuerpflicht erfasst und gemäß den Vorschriften des grErbStG versteuert (Art. 1 Abs. 1 und 2 grErbStG). Siehe aber auch Rdn 115 f.
Rz. 105
Steuerpflichtig ist der Erwerbsberechtigte bzw. im Fall mehrerer Berechtigten jeder Erwerbsberechtigte seinem Anteil entsprechend (Art. 5 grErbStG).
Rz. 106
Das System der Erbschaftsbesteuerung wird durch die progressive Versteuerung nach Steuerklassen und nach Erbschaftswert charakterisiert.
Die Steuerklasse ergibt sich aus dem persönlichen (Verwandtschafts-)Verhältnis des Steuerpflichtigen zum Erblasser.
Der Erbschaftswert ist die durch den Erbfall jedem Erben anfallende Bereicherung, die in Geld errechnet wird.
Das heißt, dass die Erbschaftsteuer sich (a) je nach Verwandtschaftsentfernung zwischen Erblasser und Erben, aber auch (b) je nach ansteigendem Erbschaftswert erhöht. Bei gleichgroßer Erbschaft also ist die Steuer umso höher, je näher verwandt die Erben mit dem Erblasser sind. Gleichzeitig ist die Steuer umso höher, je höher der Wert der Erbschaft bzw. des Erbteils ist. Die entsprechenden Tabellen sind in Rdn 126 ff. dargestellt.
III. Steuerpflichtige Vermögensanfälle
Rz. 107
Ein Vermögen gilt als von Todes wegen erworben, wenn es folgendermaßen erworben wird: durch Erbanfall, aufgrund von Vermächtnis oder Auflage, durch elterliche Teilung (Teilung des Vermögens unter Lebenden) oder durch Wiedervereinigung von Nießbrauch mit dem Eigentum nach dem Tod des Nießbrauchsberechtigten. Erfasst werden zudem auch Versicherungssummen bzw. Abfindungen aus Lebensversicherungsverträgen (wenn die Begünstigten im Versicherungsvertrag nicht benannt werden) oder durch freiwillige Sozialselbstversicherung (Art. 2 Abs. 1 grErbStG).
Rz. 108
Der Erwerb aufgrund von Schenkung von Todes wegen wird grundsätzlich als Schenkung besteuert, es sei denn, das verschenkte Vermögen ist zur Zeit des Todes des Schenkers zugleich dessen ganzes Vermögen. Im letzteren Fall sind die Vorschriften über die Besteuerung der Erbfolge anzuwenden (Art. 37 grErbStG).
Rz. 109
Die Besteuerung der Erbfolge wird nicht durch die Ausschlagungs- oder die Inventarfrist beeinflusst (Art. 2 Abs. 3 grErbStG).
IV. Beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 110
Im griechischen Recht gilt grundsätzlich eine unbeschränkte Steuerpflicht für Griechen sowie für Ausländer als Erblasser oder Schenker, wenn sie in Griechenland wohnhaft sind. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz ...