I. Kapitalaufbringung
Rz. 57
Ein Mindestkapitalerfordernis besteht für die EPE nicht. Die Gründer können die Höhe des Stammkapitals frei bestimmen (Art. 4 Abs. 1 G. 3190/1955).
Rz. 58
Das Stammkapital muss vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags eingezahlt werden. Im Falle der Eintragung eines standardisierten Mustervertrags durch das digitale One-stop-Shop-Verfahren gilt bereits mit der Eintragung der Zahlungsnachweis als erbracht. Im Falle eines notariell beurkundeten Vertrags ist ein diesbezüglicher Nachweis in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
Rz. 59
Als zulässige Sacheinlagen qualifizieren sich bewegliche oder unbewegliche Sachen sowie Forderungen und Vermögenswerte, die bilanzierungsfähig sind (Art. 5 Abs. 1 G. 3190/1955). Dienst- und Arbeitsleistungen scheiden als Sacheinlagen aus. Die Übertragung von Wertpapieren an die zu gründende Gesellschaft, wie Wechsel, Schecks oder Aktien, stellt eine Sacheinlage dar. Der Gegenstand und der Wert der Sacheinlagen sowie der Name des einbringenden Gesellschafters müssen im Gesellschaftsvertrag erwähnt werden (Art. 6 Abs. 2 lit. f G. 3190/1955). Auch die Sacheinlagen müssen beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags voll eingezahlt werden. Wenn der tatsächliche Wert einer Sacheinlage im Rahmen des Bewertungsverfahrens niedriger ausfällt, muss die Differenz in Geld eingezahlt werden (Art. 4 Abs. 3 G. 3190/1955).
Rz. 60
Die Sacheinlagen müssen durch eine Sachverständigenkommission des Handelsministeriums bewertet werden. Das Bewertungsverfahren von Sacheinlagen wird im analog anwendbaren Art. 9 G. 2190/1920 geregelt (Art. 5 Abs. 2 G. 3190/1955). Der Bewertungsbericht unterliegt ebenfalls den Publizitätsformalitäten.
Rz. 61
Das G. 3190/1955 beinhaltet besondere Regelungen für Nachgründungen. Demgemäß unterliegen Verträge, welche die EPE mit Gesellschaftern, Geschäftsführern oder deren Verwandten bis zum zweiten Grad über die Veräußerung von Grundstücken oder anderen Gegenständen an die EPE zum Zweck der dauerhaften Nutzung abschließt, dem Bewertungsverfahren nach Art. 9 G. 2190/1920. Beim Verstoß gegen diese Formalitäten wird der Vertrag als nichtig zugunsten der Gesellschaft betrachtet (Art. 5 Abs. 3 G. 3190/1955). Im Falle einer Ein-Personen-EPE müssen gem. Art. 43a Abs. 4 G. 3190/1955 die Verträge zwischen dem Alleingesellschafter und der Gesellschaft schriftlich verfasst und protokolliert werden. Davon ausgenommen sind Verträge, die unter normalen Bedingungen im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit der EPE abgeschlossen wurden.
II. Gründerhaftung
Rz. 62
Sowohl die Bar- als auch die Sacheinlagen müssen beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags voll eingezahlt werden (Art. 4 Abs. 1 G. 3190/1955). Die entsprechende Bestätigung der Gründer gehört zum Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags (Art. 6 Abs. 2 lit. g G. 3190/1955). Falsche Angaben über die Einzahlung des Stammkapitals werden gem. Art. 458 grStGB mit Geldstrafe sanktioniert (Art. 60 Nr. 3 G. 3190/1955). Nach dem Begründungsbericht des G. 4145/2018 hat der Geschäftsführer die Erbringung des Nachweises zur Einzahlung des Stammkapitals beim Handelsregister zu verantworten. Die fehlende Nachweiserbringung stellt einen Annullierungsgrund dar.
Rz. 63
Im Falle einer mangelhaften Gründung der EPE trifft den verantwortlichen Gesellschafter eine persönliche und gesamtschuldnerische Haftung gegenüber Dritten sowie Mitgesellschaftern für den daraus entstandenen Schaden (Art. 7 Abs. 5 Satz 2 G. 3190/1955).
Rz. 64
Vor der Vollendung des Publizitätsverfahrens wird die zu gründende Gesellschaft als GbR oder als de facto OE betrachtet (siehe Rdn 28 f.). Für die Handlungen, welche die Gründer im Namen der Vorgesellschaft vornehmen, sieht Art. 9 Abs. 2 Satz 1 G. 3190/1955 eine persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Gründer vor, wenn auch in der Praxis wegen des digitalen Verfahrens und der sehr kurzen EPE-Gründungsdauer Haftungsfälle kaum vorkommen dürften.
Rz. 65
Außerdem kann die EPE innerhalb von drei Monaten nach der Gründungsbekanntmachung im Regierungsblatt (die EPE entsteht erst zu diesem Zeitpunkt als juristische Person, siehe näher Rdn 25) die Verpflichtungen ihrer Gründer rückwirkend und schuldbefreiend übernehmen (Art. 9 Abs. 2 Satz 2 G. 3190/1955). Im Hinblick auf das digitale Verfahren wird dieser Fall in der Praxis nur dann relevant, wenn die Gründer Verpflichtungen im Namen der zukünftig zu gründenden GmbH eingehen.
Rz. 66
Da die Einlagen bei der Gründung vollständig zu leisten sind, kommt eine subsidiäre Deckungspflicht seitens der Mitgesellschafter oder der Rechtsvorgänger nicht in Betracht.
III. Kapitalerhaltung
Rz. 67
Das G. 3190/1955 folgt dem Grundsatz, dass das Stammkapital und die Rücklagen nicht an Gesellschafter ausgezahlt werden ...