Prof. Dr. Dimitrios Stamatiadis, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
1. Keine obligatorische Zivilehe – Äquivalenz von Zivil- und kirchlicher Trauung
Rz. 2
Bis 1982 war die kirchliche bzw. religiöse Trauung obligatorisch. Seit 1982 gilt das sog. "Alternativsystem". Zivilehe und kirchliche bzw. religiöse Trauung sind demnach äquivalent. Art. 1367 Abs. 1 ZGB bestimmt: "Die Ehe wird geschlossen entweder durch die gleichzeitige Erklärung der Trauleute, dass sie sich darüber einig sind (Zivilehe), oder durch kirchliche Trauung durch einen Priester der östlich-orthodoxen Kirche oder einen Geistlichen einer anderen in Griechenland bekannten Konfession oder Religion."
2. Persönliche Voraussetzungen
a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 3
Obwohl es im Gesetz nicht ausdrücklich festgeschrieben ist, wird aus der Gesamtheit der gesetzlichen Regelung geschlossen, dass die Ehe nur von zwei Personen verschiedenen Geschlechts eingegangen werden kann. Eine Ehe zwischen Personen des gleichen Geschlechts ist nicht existent (Nichtehe). Es bedarf daher keines gerichtlichen Urteils, das die Nichtexistenz dieser Ehe verkündet. Durch das Gesetz 4356/2015 ist eine eingetragene Lebensgemeinschaft unabhängig vom Geschlecht der Partner eingeführt worden. Eine Lebensgemeinschaft auch für Partner des gleichen Geschlechts ist seitdem auch im griechischen Recht möglich. Die eingetragene Lebensgemeinschaft wird in Annäherung an die entsprechenden Regeln für die Ehe geregelt. Für die meisten Folgen der Partnerschaft werden die Regelungen der Ehe analog angewandt. Dies betrifft den Namen der Partner, die erbrechtlichen Folgen, die Vaterschaftsvermutung, den Nachnamen der Kinder und deren elterliche Sorge aber auch jede andere Regelung, die nicht ausdrücklich abweichend geregelt wird. Abweichend von der Ehe ist der Anspruch auf den Zugewinnausgleich geregelt. Bei diesem finden die Regelungen der ungerechtfertigten Bereicherung Anwendung. Die sozial- und arbeitsrechtliche Gleichstellung wird nach und nach per Präsidialdekret vollzogen.
b) Ehefähigkeit
Rz. 4
Die Ehefähigkeit richtet sich grundsätzlich nach der Geschäftsfähigkeit. Die Trauleute müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben (Art. 1350 Abs. 2 ZGB). Von dieser Voraussetzung kann das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw., für Angehörige der muslimischen Minderheit in Thrakien, der Mufti (Präsidialdekret Nr. 52/2019 i.V.m. Gesetz Nr. 4511/2018) auf Antrag Befreiung erteilen, wenn die Ehe aus "wichtigem Grund" geboten ist. Die Ehe eines Minderjährigen ohne die o.g. gerichtliche Erlaubnis ist nichtig (Art. 1372 ZGB). Die Nichtigkeit kann jedoch geheilt werden, wenn die Erlaubnis nachträglich eingeholt wird oder der minderjährige Ehegatte das 18. Lebensjahr vollendet und die Ehe anerkannt hat. Dass sich die Ehefähigkeit grundsätzlich nach der Geschäftsfähigkeit richtet, wird durch die Regelung des Art. 1351 ZGB deutlich. Danach kann der Geschäftsunfähige keine Ehe schließen. Nach Art. 128 ZGB ist geschäftsunfähig, wer das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und wer unter "völlig entziehender gerichtlicher Beistandschaft" steht. Ebenso kann derjenige eine Ehe nicht eingehen, der sich zur Zeit der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die Willensbestimmung entscheidend beeinträchtigenden Zustand seelischer oder geistiger Störung befand, wie auch derjenige, der unter "teilweise entziehender gerichtlicher Beistandschaft" steht und dem die Eheschließung verboten ist. Art. 1352 ZGB bestimmt jedoch, dass diejenigen, die unter völliger oder teilweise unterstützender gerichtlicher Beistandschaft stehen, mit Einwilligung ihres gerichtlichen Beistands eine Ehe schließen dürfen. Die Ehefähigkeit griechischer Muslime richtet sich im Übrigen nach dem islamischen heiligen Gesetz. Eine Ehe durch Vertretung eines Ehegatten ist nicht möglich.