Prof. Dr. Dimitrios Stamatiadis, Prof. Dr. Spyros Tsantinis
1. Güterrechtlicher Ausgleich
a) Anspruch auf Zugewinnausgleich
Rz. 62
Art. 1400–1402 und 1397 ZGB regeln den gesetzlichen Güterstand des griechischen Eherechts (Gütertrennung mit Anspruch auf Teilnahme am Zugewinn). Art. 1400 ZGB sieht Folgendes vor: "Wenn die Ehe aufgelöst wird oder nichtig ist und sich das Vermögen eines der beiden Ehegatten seit der Eheschließung vermehrt hat, so kann der andere Ehegatte, wenn er zu dieser Zunahme des Vermögens auf irgendeiner Weise beigetragen hat, die Herausgabe des Teils der Zunahme, der von seiner Mitwirkung herrührt, verlangen. Es wird vermutet, dass der Beitrag sich auf ein Drittel der Zunahme beläuft, außer es wird nachgewiesen, dass ein größerer, ein kleinerer oder gar kein Beitrag geleistet wurde. Der vorige Absatz wird analog angewandt, wenn die Ehegatten mehr als drei Jahre getrennt leben. Dem Zugewinn des Vermögens der Ehegatten wird nicht zugerechnet, was die Ehegatten durch Geschenke, durch Erbschaft, durch Zuwendung von Todes wegen erwerben, oder das mit den Erträgen dieser Zuwendungen erlangte."
Rz. 63
Für die Entstehung des Zugewinnausgleichsanspruchs muss zunächst eine negative Voraussetzung vorliegen: Die Ehegatten dürfen vertraglich nicht den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, da er die Anwendung der Art. 1397 und 1400–1402 ZGB ausschließt. Die Gestaltung des Zugewinnausgleichs im griechischen Recht beruht auf dem Grundsatz des gegenseitigen Beitrages der Ehegatten während der Ehe. Für die Ermittlung der Ausgleichsforderung gilt keine allgemeine und für jede Ehe im Voraus anwendbare Lösung (wie etwa die Hälfte des Überschusses). Der Gedanke des Gesetzgebers war, dass dieser Beitrag nicht von gleichem Wert ist und alle Besonderheiten jeder einzelnen Ehe berücksichtigt werden müssen. Die Ausgleichsforderung ist eine Geldforderung schuldrechtlicher Natur. Ein Ausgleich "in natura" kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, obwohl es das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht. Art. 1400 ZGB ist zwingendes Recht, so dass Vereinbarungen der Ehegatten mit der Absicht, auf den Anspruch ganz oder teilweise zu verzichten, nichtig sind. In Art. 1401 ZGB wird der persönliche Charakter des Zugewinnausgleichs betont. Er entsteht im Todesfall für die Erben des verstorbenen Ehegatten nicht und ist weder übertragbar noch vererblich, es sei denn, er ist vertraglich anerkannt oder es wurde Klage erhoben. Die Ausgleichsforderung entsteht mit Auflösung (durch Ehescheidung oder Tod eines Ehegatten) oder Nichtigerklärung der Ehe (Art. 1400 Abs. 1 ZGB) sowie mit dem dreijährigen Getrenntleben der Ehepartner (Art. 1400 Abs. 2 ZGB).
Rz. 64
Für die Berechnung des Zugewinns ist die genaue Feststellung von Anfangs- und Endvermögen erforderlich. Der Zugewinn besteht aus dem Unterschiedsbeitrag zwischen den beiden Vermögen. Das Anfangsvermögen ist das bei Eintritt des Güterstandes (meist Eheschließung) bei jedem Ehegatten vorhandene Vermögen unter Abzug der Schulden. Sind die Schulden höher als das vorhandene Vermögen oder hatte der Ehegatte bei Eheschließung nur Schulden, so ist für die Berechnung des Anfangsvermögens auch der Negativbetrag zu berücksichtigen. Das Endvermögen ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden bei Beendigung des Güterstandes. An Stelle des Beendigungszeitpunktes tritt bei Ehescheidung oder Aufhebung der Ehe die Rechtskraft des Scheidungs- bzw. Aufhebungsurteils. Nach dreijähriger Trennung bestimmt sich das Endvermögen nach dem Zeitpunkt, in dem die dreijährige Frist abgelaufen ist. Es wird überwiegend vertreten, dass an die Stelle des Beendigungszeitpunktes die Zustellung der Scheidungs- oder Aufhebungsklage oder der Anfang der Trennungsfrist tritt. Gemäß Art. 1400 Abs. 3 ZGB wird auf die Erhöhung des Vermögens des Ehegatten nicht dasjenige angerechnet, was er durch Schenkung, Erbschaft, Vermächtnis oder mit den Erträgen dieser Zuwendungen erlangt hat. Die Schenkungen Dritter an einen Ehegatten werden von dieser Vorschrift ausgeschlossen. Nach einer verbreiteten Ansicht sollen jedoch die Schenkungen der Ehegatten untereinander dem Zugewinn gleichermaßen zugerechnet werden, da der Schenker zur Vermögensvermehrung des anderen tatsächlich beigetragen hat. In der Praxis kann die Berechnung der Zuwendungen zwischen den Ehegatten folgendermaßen erfolgen: Die Zuwendung wird zum Endvermögen des Zugewendeten hinzugerechnet, von seiner Ausgleichsforderung gegen den Zuwendenden wird der Wert der Zuwendung abgezogen. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung, die als Vorausempfang betrachtet wird. Lottogewinne oder Gewinne aus anderen Glücksspielen unterliegen dem Zugewinnausgleich, da sie in Art. 1400 Abs. 3 ZGB nicht aufgezählt werden.
Rz. 65
Nach Art. 1400 Abs. 1 ZGB wird für die Ausgleichsforderung die Beteiligung des zugewinnberechtigten Ehegatten am Vermögenszuwachs des anderen vorausgesetzt. Der Ausgleichsberechtigte kann nämlich nur dann die Beteiligung am Zugewinn verlangen, wenn zwischen seinem tatsächlich geleisteten Beitrag und ...