Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls seit Inkrafttreten der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer vom 2.6.1997 ist eine 13,4 x 18 cm große Zeitungsanzeige eines Steuerberaters grundsätzlich nicht mehr als berufs- oder wettbewerbswidrig zu beanstanden.
Zum Tatbestand
Der beklagte Steuerberater veröffentlichte im März und Mai 1996 eine halbseitige, 13,4 x 18 cm große Zeitungsanzeige. Hiergegen klagte ein Lohnsteuerhilfeverein auf Unterlassung und begründete dies damit, dass das Format der Anzeige reklamehaft übertrieben sei, denn angesichts der größeren unbedruckten Freiflächen habe der gesamte Text - ohne die Übersichtlichkeit der Anzeige zu gefährden - auf deutlich kleinerem Raum untergebracht werden können. Das LG gab der Klage statt, die Berufung führte zur Aufhebung des LG-Urteils und zur Klagabweisung.
Aus den Entscheidungsgründen
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass spätestens mit Inkrafttreten der BOStB vom 2.6.1997 am 1.9.1997 die angegriffene, zweimal erschienene Zeitungsanzeige nicht mehr als berufs- und wettbewerbswidrig nach § 1 UWG i.V. mit §§ 57,57a StBerG und § 11 Abs. 1 BOStB untersagt werden kann. Auf die zur Zeit der Anzeigenaufgabe geltenden Vorschriften des Berufsrechts der Steuerberater kommt es nicht an, weil der Kläger einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch erhebt.
- Nach den §§ 57, 57a Abs. 1 StBerG ist einem Steuerberater Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die gesetzgeberische Grundentscheidung der §§ 57, 57a StBerG ist inzwischen in das Satzungsrecht der Bundessteuerberaterkammer mit den §§ 10 ff. BOStB übernommen und teilweise konkretisiert worden. In die Prüfung der Frage, ob das Werbeverhalten eines Steuerberaters das Sachlichkeitsgebot verletzt, sind auch diese verbandsrechtlichen Vorschriften einzubeziehen. Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 BOStB stellt klar, dass Steuerberater auch in Anzeigen über ihre berufliche Tätigkeit sachlich unterrichten dürfen. In § 11 Abs. 1 Satz 3 BOStB ist dazu ergänzend bestimmt, dass Anzeigen keine übertriebene, auffällige oder in sonstiger Weise reklamehafte Form haben dürfen. Durch § 61 BOStB sind außerdem die Standesrichtlinien der Bundessteuerberaterkammer vom 24./25.1.1977 (RichtlStB) ausdrücklich aufgehoben worden. Der älteren Aufsichtspraxis der Bundessteuerberaterkammer zu Nr. 34 RichtlStB, Anzeigen oberhalb einer Maximalgröße von 10 x 12 cm oder 13x7 cm zu beanstanden, ist damit der Boden entzogen. Auch eine strikte Größenbeschränkung von Anzeigen in der Tagespresse nach dem anlassbezogenen Minimum, wie es aus Nr. 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 RichtlStB hergeleitet wurde, ist durch die Abkehr vom Anlassprinzip in § 57a StBerG überholt. Um die berufswidrige Anzeigenwerbung allgemein abzugrenzen, stellt § 11 Abs. 1 Satz 3 BOStB nicht mehr auf bestimmte Anlässe und Maximalformate ab, sondern nur noch auf die Wirkung im Einzelfall, die sich aus dem Gesamteindruck der angesprochenen Verkehrskreise ergibt. Dies entspricht Sinn und Zweck von § 57a StBerG. Ob eine Anzeigenwerbung, die berufsrechtlich zur Sachlichkeit verpflichtet ist, übertrieben und reklamehaft wirkt, lässt sich allein aus der Größe eines Inserates nicht ableiten. Der sehr allgemeine, nur auf das Anzeigenformat gerichtete Klagantrag ist demnach schon dann unbegründet, wenn der Anzeigenrahmen überhaupt mit einem auf die Berufstätigkeit hinweisenden Inhalt gefüllt werden könnte, der mit dem Sachlichkeitsgebot vereinbar ist.
- Die Frage, ob die Presseanzeige eines Steuerberaters das Sachlichkeitsgebot verletzt, weil sie auf die angesprochenen Verkehrskreise nach ihrem Gesamteindruck übertrieben, auffällig oder in sonstiger Weise reklamehaft wirkt, ist in erster Linie der Würdigung des Tatrichters vorbehalten, wie auch die Revision im Grundsatz nicht verkennt.
- Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, dass sich die Anzeige des Beklagten dem angesprochenen Verkehr als ein schlicht gestalteter und inhaltlich sachlich gehaltener Hinweis auf seine Existenz, sein Tätigkeitsgebiet und die Erreichbarkeit (Zeit, Ort, Fernsprechanschlüsse) darstelle. Das Publikum verstehe die Anzeige nicht als eine mit den Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft vergleichbare Anpreisung, die unter gezieltem Einsatz von ständig fortentwickelten und deshalb nicht abschließend definierbaren Lockeffekten darauf angelegt sei, potentielle Interessenten von den Vorzügen eines Angebots zu überzeugen und entsprechend zu beeinflussen. Vielmehr habe die Anzeige für den Durchschnittsleser, auf dessen Sicht es für die Beurteilung ankomme, in erster Linie einen sachlich-informatorischen, wenn auch nicht anlassbezogenen Charakter und werde als dem Berufsbild und Ansehen der Steuerberater in der Öffentlichkeit angemessen empfunden. Daran ändere die Größe der Anzeige nichts, die sich im Rah...