Rz. 41
Die gesetzliche Erbfolge ist traditionell von einer sehr starken Stellung des länger lebenden Ehegatten geprägt, wobei dieser in England ausschließlich erbrechtlich abgefunden wird, durch das Güterrecht aber keinen zusätzlichen Ausgleich erhält. Voraussetzung für das Entstehen der Rechte des Ehegatten ist, dass er den Erblasser um mindestens 28 Tage überlebt. Das Ehegatten-Erbrecht entfällt im Übrigen erst mit rechtskräftiger Scheidung oder der gerichtlichen Anordnung des Getrenntlebens.
Rz. 42
Hinterlässt der Erblasser Abkömmlinge, hat der Ehegatte Anspruch auf folgende Nachlassteile:
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Alle personal chattels des Erblassers; diese umfassen gemäß s. 55 (1) Administration of Estates Act (A.E.A.) 1925 in der Fassung von s. 3 Inheritance and Trustees’ Powers Act 2014 nicht nur wie beim deutschen Voraus die Haushaltsgegenstände, sondern das gesamte bewegliche Vermögen des Erblassers mit Ausnahme von Geldvermögen, Gegenständen, die hauptsächlich beruflichen Zwecken dienen, und Wertgegenständen, die ausschließlich als investment gehalten wurden. Bestimmte Wertobergrenzen (z.B. für wertvolle Sammlungen) gibt es nicht, so dass der Wert dieser Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtnachlass beträchtlich sein kann. Die personal chattels dürfen vom administrator gemäß s. 33 A.E.A. 1925 nur nachrangig zur Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten veräußert werden. |
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Einen festen Geldbetrag (statutory legacy) in Höhe von derzeit 322.000 £, der vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers an bis zur Auszahlung mit dem Leitzinssatz der Bank of England zu verzinsen ist. Dieser Geldbetrag steht dem Ehegatten auch im Falle einer Nachlass-Spaltung aus dem Nachlassteil, der dem englischen Recht unterliegt, in voller Höhe zu; eine Gesamtbetrachtung unter Einbezug der weiteren Nachlassteile erfolgt dabei nicht. |
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Die Hälfte des danach verbleibenden Reinnachlasses (residuary estate). |
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Der überlebende Ehegatte hat dazu gemäß s. 47A A.E.A. 1925 das Wahlrecht, dass ihm der personal representative ein zum Nachlass gehörendes Familienwohnheim (dwelling house) gegen Verrechnung des Verkehrswertes mit seinen erbrechtlichen Ansprüchen überträgt. |
Rz. 43
Verstarb der Erblasser vor dem 1.10.2014, ist s. 46 A.E.A 1925 noch in seiner bis dahin geltenden Fassung anwendbar: Der längerlebende Ehegatte erhielt dann – neben dem festen Geldbetrag – nicht die Hälfte des residuary estate zur freien Verfügung (absolute interest), sondern nur einen life interest, also ein lebenslanges Nutzungsrecht an dieser Hälfte. Der entsprechende Anteil am Reinnachlass, der vom administrator in einem gesetzlich angeordneten trust verwaltet wird, fällt nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten an die Abkömmlinge.
Rz. 44
Berücksichtigt man, dass in England die meisten Ehepaare ihr Familienheim in einer joint tenancy halten, so dass dieses beim Tod eines von ihnen außerhalb des Erbrechts auf den länger Lebenden übergeht (siehe Rdn 106), führen diese gesetzlichen Rechte selbst bei mittleren Vermögensverhältnissen noch zu einer tatsächlichen Alleinerbschaft oder zumindest einer ganz überwiegenden Berechtigung des länger lebenden Ehegatten. Ferner hat dieser i.d.R. das Recht, selbst zum administrator bestellt zu werden, so dass er auch die Verwaltung des Nachlasses in Händen hat (siehe Rdn 86).
Rz. 45
Zu beachten ist jedoch, dass die Regelungen zur zwingenden Familienvorsorge (siehe Rdn 67 ff.) auch bei gesetzlicher Erbfolge eingreifen können, so dass sich darüber ein Versorgungsanspruch von Kindern und anderer Angehöriger ergeben kann, auch wenn diese sonst am Nachlass keine Rechte haben.
Rz. 46
Hinterlässt der Erblasser keine Abkömmlinge, erhält der Ehegatte seit 2014 gemäß s. 46 A.E.A. 1925 in der Fassung von s. 1 Inheritance and Trustees´ Powers Act den gesamten Nachlass, unabhängig davon, welche weiteren Verwandten vorhanden sind.
Rz. 47
Durch den Civil Partnership Act (CPA) 2004 wurde gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht eingeräumt, eine eingetragene Lebenspartnerschaft, die sog. Civil Partnership, registrieren zu lassen. Mit dem Gesetz wurden ferner sämtliche Rechtsfolgen der Partnerschaft denen der Ehe angepasst. Mit dem Marriage (Same Sex Couple) Act 2013 wurde gleichgeschlechtlichen Partnern außerdem seit 2014 das Recht eingeräumt, statt einer Civil Partnership die Form der Ehe zu wählen. Dabei sieht s. 11 dieses Gesetzes vor, dass der Begriff "Ehe" grundsätzlich in allen englischen Gesetzen in gleicher Weise für heterosexuelle wie für homosexuelle Ehepaare gilt. Soweit in diesem Länderbericht die Rechte eines längerlebenden Ehegatten beschrieben sind, gilt dies also unabhängig vom Geschlecht und entsprechend für registrierte Partner.