Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
Rz. 42
Scheidungen können entweder in einem nichtstreitigen Antragsverfahren, dem sog. Spezialverfahren, oder im Wege der Klage durchgeführt werden. Im Einzelnen sind diese Verfahren in den Family Procedure Rules 2010 (SI 2010/2955) geregelt, die für die meisten Verfahrensschritte die Verwendung einheitlicher Musteranträge vorschreiben. Sofern es nicht zur streitig geführten Klage kommt, besteht kein Anwaltszwang, auch wenn in der Praxis der Großteil der Anträge von Anwälten vorbereitet wird.
Rz. 43
Jedes Scheidungsverfahren wird mit einem Antrag bei einem der Family Courts eröffnet. In dem formularmäßigen Antrag sind insbesondere die genauen Daten der Ehegatten und der behauptete Sachverhalt, auf den die Scheidung gestützt wird, anzugeben. Sind minderjährige Kinder vorhanden, muss der Antragsteller außerdem deren Lebensumstände genau darstellen und Regelungen für deren Aufenthalt und Unterhalt vorschlagen. Mit der Zustellung des Antrags an den anderen Ehegatten wird dieser aufgefordert, binnen einer bestimmten Frist mitzuteilen, ob er mit der Scheidung einverstanden ist oder sich dieser streitig widersetzen will. Die Zustellung erfolgt üblicherweise über das Gericht (wobei in England einfache Post genügt), kann aber auch vom betreibenden Anwalt selbst erfolgen, wenn das Gericht dies zulässt. Lebt der Antragsgegner im Ausland, ist die Zustellung durch den Antragsteller auch ohne Zustimmung des Gerichts zulässig, wobei das Antragsschreiben mit einer Übersetzung verbunden sein muss, wenn zu vermuten ist, dass der Antragsgegner nicht ausreichend Englisch spricht. Die Zustellung im Ausland kann aus englischer Sicht nicht nur mittels der im Ausland vorgeschriebenen Zustellungsformen, sondern auch durch persönliche Übergabe, die dann in England mit einem affidavit nachgewiesen wird, erfolgen.