Rz. 57
Bei den testamentarischen Zuwendungen ist zu unterscheiden zwischen den Vermächtnissen, die dem Begünstigten endgültig zur freien Verfügung verbleiben sollen (absolute interest) und vom personal representative zu erfüllen sind, und zahlreichen weiteren Zuwendungsformen, die über die Anordnung eines testamentary trust erreichbar sind.
Rz. 58
Der testamentary trust ist dabei keine verlängerte Form der Nachlassabwicklung, sondern eine spezielle Form der Erbfolge, die sich zeitlich an die Nachlassabwicklung anschließt. Auch wenn sich die Struktur der Ämter des personal representative und des trustee ähneln und in Testamenten meistens dieselbe Person als executor and trustee bestellt wird, kann die Unterscheidung, in welcher Funktion das Vermögen verwaltet wird, bei einzelnen Fragen von Bedeutung sein. Beispielsweise können mehrere personal representatives jeweils einzeln handeln (außer bei der Übertragung von Grundbesitz), wohingegen mehrere co-trustees nur gemeinsam agieren dürfen.
Rz. 59
Für die direkten Vermächtnisse werden – je nach der Art des vermachten Vermögens – die Begriffe devise, mit der real property zugewandt wird, und legacy oder bequest, die sich auf personal property beziehen, verwendet.
Rz. 60
Ferner werden folgende Zuwendungsarten nach dem Umfang des vermachten Vermögens unterschieden:
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Mit den specific legacies bzw. specific devises werden bestimmte einzelne Gegenstände, einschließlich aller Erträge, die ab dem Tod des Erblassers darauf anfallen, vermacht. Gehört der vermachte Gegenstand beim Tod des Erblassers nicht mehr zum Nachlass, so entfällt das Vermächtnis ersatzlos (sog. ademption). Der Begünstigte hat i.d.R. die Kosten für Unterhalt und Übertragung der Vermächtnisgegenstände durch den personal representative zu tragen. Bei der Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten sind diese Vermächtnisgegenstände nur nachrangig nach allen anderen Nachlassgegenständen heranzuziehen. |
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Mit den general legacies werden der Gattung nach bestimmbare Gegenstände vermacht, die der personal representative ggf. beschaffen muss. Ist dies nicht möglich, muss dem Begünstigten der entsprechende Wert in Geld ersetzt werden. Zu den Gattungsvermächtnissen werden auch die Geldvermächtnisse (pecuniary legacies) gezählt. Diese Vermächtnisse sind auf Kosten des Nachlasses zu erfüllen, sind aber umgekehrt auch erst ab Fälligkeit, also meist nach Ablauf des Verwaltungsjahres (executor’s year) zu verzinsen. |
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Eine Mischform dieser beiden Vermächtnistypen stellt die sog. demonstrative legacy dar, bei der in Form eines beschränkten Gattungsvermächtnisses ein Gegenstand oder ein bestimmter Geldbetrag aus einem genau festgelegten Nachlassteil vermacht wird (z.B.: "A erhält von meinen Depot 10 Aktien der Firma ..."). Ist dieser Nachlassteil beim Tod des Erblassers nicht mehr vorhanden, muss der personal representative die vermachten Gegenstände beschaffen oder ersetzen. Ist der Nachlassteil aber noch vorhanden, entsprechen die Folgen dieses Vermächtnisses denen der specific legacy. |
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Als residuary legacy bzw. residuary devise werden schließlich die Zuwendungen bezeichnet, mit denen der nach Begleichung aller Kosten, Nachlassverbindlichkeiten und sonstigen Zuwendungen verbleibende Restnachlass (residuary estate) vermacht wird. |
Rz. 61
Zahlreiche flexiblere Zuwendungsformen ermöglicht im Übrigen die Anordnung von testamentary trusts, bei denen insbesondere die Rechte der Begünstigten beschränkt werden können oder die Person des Begünstigten noch nicht festgelegt zu werden braucht. Mit dem trust kann der Testator festlegen, dass Vermögensteile über längere Zeit für einen oder mehrere Begünstigte verwaltet werden, z.B. für Kinder bis zu einem bestimmten Alter oder für geschäftsunerfahrene oder konkursgefährdete Personen. Er kann dabei auch die Verwaltung des trust näher regeln, z.B. dergestalt, dass zunächst nur Unterhaltszahlungen zu leisten sind (maintenance trust) oder dass der trustee das Vermögen zwischen mehreren Begünstigten nach seinem Ermessen verteilen darf (discretionary trust). Die trust-Anordnung ermöglicht es ferner, das Vermögen zunächst für eine Person auf Lebenszeit verwalten zu lassen (life interest), um es sodann einer anderen Person zuzuwenden oder sogar bis zu bestimmten Zeitgrenzen (rules against perpetuities) die Vermögensnachfolge über mehrere Generationen festzulegen. Schließlich kann der Weg des trusts notwendig werden, um bestimmte Zuwendungsformen zu erreichen, die in England sachenrechtlich nicht unmittelbar zulässig sind, wie z.B. die Zuwendung von Grundbesitz an Minderjährige oder an eine Vielzahl von Personen.
Rz. 62
Neben den meist zahlreichen und sehr genau beschriebenen Zuwendungen enthält ein typisches englisches Testament regelmäßig personelle Anordnungen, wie z.B. die Benennung eines oder mehrerer executors bzw. trustees, sowie die nähere Ausgestaltung von deren Aufgaben und Befugnissen.