Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
Rz. 31
Grundsätzlich ist für die Anknüpfung der Ehefolgen im Common Law-Rechtskreis das Domizil der Ehegatten (matrimonial domicile) zum Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblich. Sofern die Ehegatten bei Heirat das gleiche Domizil hatten, ist dieses unproblematisch zu bestimmen (zum Domizilbegriff siehe Rdn 11 ff.). Unbestimmt ist der Begriff des matrimonial domicile jedoch, wenn die Ehegatten bei Heirat verschiedene Domizile hatten. Nach traditionellem Verständnis ist dann allein das Domizil des Ehemannes maßgeblich. Da jedoch s. 1 (1) Domicile and Matrimonial Proceedings Act 1973 mit Wirkung ab 1.1.1974 das vom Ehemann abhängige Domizil der Ehefrau abgeschafft hat, wird in der englischen Literatur vorgeschlagen, dem auch kollisionsrechtlich zu folgen und in diesen Fällen auf das Domizilland, zu dem die Ehegatten die engste Verbindung haben, zu verweisen. Noch unklar ist jedoch, inwieweit dabei auch Planungen der Ehegatten zu künftigen Ereignissen einzubeziehen sind, z.B. wenn sie die Absicht haben, nach einiger Zeit zwischen zwei Ländern umzuziehen. Sofern man aus solchen Planungen nicht schon eine wirksame konkludente Rechtswahl ableiten kann (vgl. Rdn 34), wird das englische Recht wohl aber maßgeblich auf die Umstände zum Zeitpunkt der Heirat abstellen.
Rz. 32
Sehr unsicher behandelt wird ferner die Frage, ob das Recht des ehelichen Domizils auch für Grundbesitz maßgeblich ist, oder ob sich das Güterrecht an Immobilien nach dem jeweiligen Belegenheitsrecht (lex rei sitae) richtet, wie dies in den meisten US-amerikanischen Staaten der Fall ist. Höchstrichterlich ist diese Frage bisher ungeklärt geblieben. Es existieren lediglich zwei widersprüchliche, ältere Entscheidungen, die jedoch beide kein eindeutiges Präjudiz darstellen. In Re De Nicols (No. 2) entschied das erstinstanzliche Gericht, dass das lex domicilii auch für Immobilien gelte. Der Richter stützte seine Argumentation dann allerdings auf die Annahme einer konkludenten Güterrechtswahl, weshalb Re De Nicols (No. 2) keine entscheidungserheblichen Aussagen über die Anknüpfung des Güterrechtstatuts bei Immobilien enthält. Zudem geht von einer erstinstanzlichen Entscheidung keine bindende Präzedenzwirkung aus. In Welch v Tennent befand das House of Lords, dass das schottische Domizilrecht eines Ehepaares sich nicht auf in England belegene Grundstücke erstreckt. Da die vorinstanzlichen Urteile in Welch v Tennent in Schottland und nicht in England ergangen waren, entfaltet auch diese Entscheidung keine Präzedenzwirkung für englische Gerichte. In der Literatur finden sich sowohl Stimmen, die das Domizilrecht für maßgeblich halten, als auch solche, die auf das Belegenheitsrecht abstellen wollen.
Rz. 33
Umstritten ist schließlich die Frage, ob sich bei einem Wechsel des ehelichen Domizils im Lauf der Ehe auch das anwendbare Güterrecht wandelt, wie dies wiederum nach überwiegendem US-amerikanischem Verständnis der Fall ist. In der Entscheidung De Nicols v. Curlier [1900] A.C. 21 hat das House of Lords zwar einen Statutenwechsel abgelehnt, dies jedoch nur mit einer konkludenten Rechtswahl der Ehegatten begründet. Nach wohl h.M. in der englischen Literatur wird man aber auch dann von einer Unwandelbarkeit ausgehen, wenn die Anknüpfung zum Zeitpunkt der Eheschließung nur auf dem ehelichen Domizil und nicht auf einer Rechtswahl beruhte.