Rz. 122
Wurde kein executor ernannt oder kann der Testamentsvollstrecker nicht als solcher anerkannt werden, muss in jedem Fall ein administrator bestellt werden. Dabei löst sich das englische Recht von den in Rdn 85 ff. dargestellten Prinzipien und erteilt die letters of administration vorrangig dem vom Gericht im Domizilland ernannten Nachlassabwickler ("to the person entrusted with the administration of the estate by the court having jurisdiction at the place where the deceased died domiciled") und, sofern ein solcher nicht vorhanden ist, den nach dem Erbstatut begünstigten Personen (person beneficially entitled to the estate). Im Verhältnis zu Deutschland zählen zur ersten Kategorie der Testamentsvollstrecker, sofern seine Rechte nicht nach §§ 2303–2306 BGB zu sehr eingeschränkt wurden, und der Nachlassverwalter, nicht jedoch der Erbe, selbst wenn er als unbeschränkter Alleinerbe im Erbschein bestätigt ist. Der Erbe kann immer nur als Berechtigter der zweiten Kategorie (beneficially entitled) bestellt werden, was zu den nachfolgend dargestellten Unterschieden im nachlassgerichtlichen Verfahren führt. Ein fester Anspruch auf Bestellung bzw. eine bestimmte Rangfolge bei mehreren Berechtigten sieht das englische Recht aber bei auswärtigem Domizil des Erblassers nicht vor. Das Gericht, das mögliche übergangene Berechtigte auch nicht zu informieren braucht, kann nach seinem Ermessen auch andere Antragsteller zulassen. Insbesondere soll es nach den allgemeinen Grundsätzen vorgehen, wenn der in England belegenen Nachlass ganz überwiegend aus Immobilien besteht.
Rz. 123
Die Erteilung des grant an den administrator setzt – im Gegensatz zur Erteilung des probate – die spezielle Anweisung (order) des district judge bzw. registrar einer der District Registries voraus. Das englische Verfahren beinhaltet damit zwei Stufen: Mit der order bestimmt der registrar aufgrund des ihm eingeräumten Ermessens, ob ein Antragsteller als administrator ernannt werden kann. Die Ernennung selbst erfolgt dagegen erst durch die Erteilung der letters of administration, wenn sämtliche Unterlagen vorliegen. Zwar kann beides auch zeitlich zusammen erfolgen, doch meistens werden aus Kosten- und Haftungsgründen der Oath und das Erbschaftsteuerverfahren erst nach der Entscheidung des Gerichts erledigt.
Rz. 124
Im Übrigen hängen die besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen von der Art der Berechtigung des Antragstellers ab:
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Der Antrag einer person entrusted setzt nur voraus, dass ein Zeugnis oder Beschluss, mit dem der Nachlassabwickler vom Gericht des Domizillandes bestätigt oder ernannt wurde (bei Domizil in Deutschland also insbesondere das Testamentsvollstreckerzeugnis), im Original oder in gerichtlich bzw. notariell beglaubigter Kopie und mit einer den oben genannten Regeln entsprechenden Übersetzung vorgelegt wird. Ein Nachweis über das zugrunde liegende materielle Recht ist i.d.R. nicht zu erbringen. |
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Wer als person beneficially entitled einen grant beantragt, muss dagegen den evidence of foreign law erbringen, in dem die Umstände des Erbfalls angegeben und eindeutige Aussagen zum Erbrecht, insbesondere zur Wirksamkeit eines Testaments oder zum Inhalt der gesetzlichen Erbfolge, getroffen werden. In Ausnahmefällen, bei denen sich die Erbfolge zweifellos aus einem Erbschein ergibt, kann der registrar nach seinem Ermessen auf den Rechtsnachweis verzichten. |