Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
Rz. 98
Angesichts der noch immer verbleibenden Unsicherheiten bezüglich der Wirkungen vorsorgender Eheverträge im englischen Scheidungsfolgenrecht und der z.T. enormen Kosten streitiger Gerichtsverfahren in England werden aus deutscher Sicht regelmäßig Wege gesucht werden, mögliche Gerichtsverfahren auf Grundlage englischen Rechts zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn gemischt-nationale Ehepaare in Deutschland einen Ehevertrag schließen, ein Ehegatte im Fall der Trennung aber möglicherweise nach England zurückkehrt.
Rz. 99
Obwohl das englische Recht Güterrechtswahlen grundsätzlich anerkennt, wirken sich diese nicht auf das Scheidungsfolgenrecht aus. Die englischen Gerichte wenden vielmehr immer englisches Scheidungsfolgenrecht an und betrachten eine Rechtswahl des ausländischen Rechts lediglich als Indiz für den Rechtsbindungswillen der Parteien.
Rz. 100
Für Großbritannien gilt zwar nicht das Unterhaltskollisionsrecht des Haager Unterhaltsprotokoll, aber auf verfahrensrechtlicher Ebene derzeit noch die EU-UnterhaltsVO. Daher erkennen englische Gerichte immerhin eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 4 EU-UnterhaltsVO derzeit noch an. Eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der deutschen Gerichte sollte dann aus deutscher Sicht mit einer Rechtswahl nach Art. 8 Haager Unterhaltsprotokoll verbunden werden. Darüber hinaus sollte darauf hingewiesen werden, dass die zukünftige Anerkennung einer unterhaltsrechtlichen Gerichtsstandsvereinbarung durch die englischen Gericht im Hinblick auf den Austritt Großbritanniens aus der EU vollkommen ungesichert ist.