Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
I. Auswirkungen auf Eigentumsverhältnisse
1. Gütertrennung
Rz. 16
Das englische Familienrecht kennt weder gesetzliche noch ehevertragliche Güterstände. Vielmehr gelten auch zwischen Ehegatten die allgemeinen eigentumsrechtlichen Grundsätze, so dass jeder Ehegatte sein vor der Ehe erworbenes Eigentum behält und während der Ehe Eigentum im eigenen Namen neu erwerben oder veräußern kann. Es existieren für Ehegatten weder besondere Verfügungsbeschränkungen noch eine wechselseitige Vertretungsmacht noch eine gegenseitige Schuldenhaftung. Damit kommt die Rechtslage in England während der Ehe der deutschen Gütertrennung am nächsten.
Rz. 17
Anders als bei einer deutschen Gütertrennung bietet das englische Recht den Gerichten jedoch weite Ermessensspielräume, um im Falle einer Scheidung eine Vermögensumverteilung vorzunehmen. Hierdurch wird sowohl ein Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten geschaffen als auch die Unterhaltssicherung bzw. -abfindung des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten erreicht, so dass die Gleichstellung mit dem Güterstand der Gütertrennung nur für die Vermögensverhältnisse während der Ehe gilt. Auf diese Anordnungen, die nach dem Ermessen des Gerichts häufig zu einer hälftigen Aufteilung des gesamten Vermögens der Ehegatten führen, wird nachfolgend im Rahmen der Scheidungsfolgen näher eingegangen (siehe Rdn 50 ff.).
Rz. 18
Ferner haben englische Gerichte das Recht, im Fall des Todes eines Ehegatten Vermögensausgleichsleistungen aus dem Nachlass anzuordnen (sog. family provisions). Damit kompensiert das englische Recht das Risiko, dass der andere Ehegatte ohne Versorgung zurückbleibt, weil ihm in England weder ein güterrechtlicher Ausgleich noch ein fester Pflichtteilsanspruch zusteht. Da der Längerlebende in der Regel nicht schlechter stehen soll als bei einer Scheidung (sog. imaginary divorce guideline), führen die family provisions häufig ebenfalls zu einer wirtschaftlich hälftigen Beteiligung am Nachlass des Erstversterbenden. Zu beachten ist jedoch, dass die Anordnungen des Gerichts nur getroffen werden können, wenn der Verstorbene sein letztes Domizil in England hatte. Lag dieses im Ausland, besteht für den Längerlebenden nach englischem Recht keine Möglichkeit, güterrechtlich oder durch Gerichtsanordnung zu Ausgleichsansprüchen zu kommen.
2. Vermögenszuordnung
a) Eigentumsverhältnisse
Rz. 19
Die Eigentumsverhältnisse der Ehegatten ergeben sich üblicherweise aus den entsprechenden Unterlagen, z.B. den Eintragungen im Land Register oder den title deeds bei Immobilienkäufen, früheren Kaufverträgen, Kontenbezeichnungen usw. Gesetzliche Vermutungen für bestimmte Miteigentumsverhältnisse der Ehegatten bestehen nicht. Werden allerdings von einem gemeinsamen Konto Gegenstände gekauft, die dem gemeinsamen Gebrauch der Ehegatten dienen, stehen diese im Zweifel in deren Miteigentum. Sofern Ehegatten Vermögensgegenstände, insbesondere Grundstücke, gemeinschaftlich erwerben, kommen dafür zwei Formen in Betracht:
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Die weit verbreitete joint tenancy ist mit einer Gesamthandsgemeinschaft des deutschen Rechts vergleichbar, wobei nach englischem Recht zwingend alle Miteigentümer zu wirtschaftlich gleichen Teilen beteiligt sind. Im Scheidungsfall müsste daher der Vermögensgegenstand grundsätzlich hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden, wobei Abweichungen aufgrund von equity-Grundsätzen (siehe Rdn 21) möglich sind, wenn nachweisbar ist, dass die Eigentümer abweichende Absprachen untereinander hatten. Bedeutung hat die joint tenancy u.a. beim Tode eines Miteigentümers, da das Eigentum dann aufgrund eines Anwachsungsrechts (right of survivorship) auf den Längerlebenden übergeht, ohne in den Nachlass des Erstversterbenden zu fallen. |
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Die tenancy in common ist dagegen dem deutschen Bruchteilseigentum vergleichbar, so dass die Miteigentümer bestimmte Eigentumsquoten vereinbaren können. Im Fall des Todes eines Miteigentümers fällt dessen Anteil in seinen Nachlass. |