Rz. 13

Im Ergebnis kommt man daher bezüglich des Erbfolgerechts (Nachlassverteilung) bei deutsch-englischen Erbfällen, bei denen nicht ohnehin alle Anknüpfungsregeln unmittelbar zu einem einheitlichen Recht führen, zur Anwendung folgender Rechtsordnungen:

Liegt der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers in England, dessen Domizil aber in Deutschland, gilt für den beweglichen Nachlass einheitlich deutsches Erbrecht, da Art. 34 Abs. 1 Buchst. a) EuErbVO die Rückverweisung des englischen Rechts annimmt und England dieser Auffassung aufgrund der foreign court theory folgt. Ein deutscher Staatsangehöriger könnte dies auch durch eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO vorsorglich bestätigen. Handelt es sich um einen britischen Staatsangehörigen, könnte dieser dagegen nach Art. 22, 36 Abs. 2 Buchst. b) EuErbVO englisches Recht wählen, was England wohl wiederum nach seinem Renvoi-System annehmen würde.
Liegt dagegen der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers in Deutschland, dessen Domizil aber in England, kommt es bezüglich des beweglichen Nachlasses zum internationalen Entscheidungsdissens, da sowohl Art. 21 Abs. 1 EuErbVO als auch das englische Kollisionsrecht die Anwendung des eigenen Rechts beanspruchen. Sofern es sich um einen britischen Staatsangehörigen handelt, könnte dieser aber durch eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO eine einheitliche Rechtsanwendung erreichen. Eine entsprechende Wahl eines deutschen Staatsangehörigen zum deutschen Recht hätte dagegen aus englischer Sicht keinen Einfluss auf den Dissens, da England keine Rechtswahl im IPR kennt.
Eine in Deutschland belegene Immobilie wird grundsätzlich nach deutschem Recht vererbt, auch wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt und sein Domizil in England hat, da England bezüglich dieser Immobilie auf die lex rei sitae verweist, was durch Art. 34 Abs. 1 Buchst. a) EuErbVO angenommen wird. Entgegen der Intention zur Nachlasseinheit in Art. 34 EuErbVO, kann es damit bezüglich der nicht in England gelegenen Immobilien weiterhin zur Nachlass-Spaltung kommen. Ein britischer Staatsangehöriger hätte jedoch die Möglichkeit auch für diese Immobilien einheitlich das englische Recht nach Art. 22, 36 Abs. 2 Buchst. b) EuErbVO zu wählen.[15]
Eine in England belegene Immobilie wird dagegen aus englischer Sicht ausschließlich nach englischem Recht vererbt. Da die EuErbVO keine dem Art. 3 Abs. 3 EGBGB a.F. vergleichbare Vorrangnorm enthält, kann sich damit ein weiterer internationaler Entscheidungsdissens ergeben: Auch wenn aus deutscher Sicht diese Immobilie aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers in Deutschland oder einer Rechtswahl zum deutschen Recht gemäß Art. 22 EuErbVO dem deutschen Erbrecht unterliegt,[16] wird der in England bestellte administrator diese Immobilie ausschließlich nach den englischen succession-Regeln abzuwickeln haben.[17]
 

Rz. 14

Zu beachten ist jedoch, dass diese Grundsätze nur für die Erbfolgeregeln (succession) gelten, die Nachlassabwicklung in England (administration) dagegen immer nach englischem Recht erfolgt (vgl. Rdn 22 ff.).

[15] Vgl. Lein, Die Erbrechtsverordnung aus Sicht der Drittstaaten, Rn 55 f., in: Dutta/Herrler, Die Europäische Erbrechtsverordnung, 2014; Parkinson/Lehmann, ZEV 2014, 154.
[16] Durch den Wegfall des Art. 3 Abs. 3 EGBGB a.F. kann die in England belegene Immobilie damit nicht mehr zur Minderung der Pflichtteilsrechte dienen, wenn einheitlich deutsches Recht zur Anwendung kommt; vgl. Everts, Neue Perspektiven zur Pflichtteilsdämpfung aufgrund der EuErbVO?, ZEV 2013, 124 ff.
[17] Zur Möglichkeit einer Verfahrensbeschränkung im deutschen Verfahren für einen solchen Fall vgl. Art. 12 EuErbVO.

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