Rz. 38

Jeder Ehegatte kann nach s. 17 Matrimonial Causes Act (MCA) 1973 Antrag auf gerichtliche Trennung (judicial separation) stellen, indem er sich auf einen der in Rdn 40 näher beschriebenen fünf Scheidungssachverhalte beruft. Im Unterschied zur Scheidung ist die gerichtliche Trennung auch auszusprechen, wenn die Scheidung (ausnahmsweise) nicht erfolgen dürfte, weil trotz Vorliegens eines dieser Sachverhalte die Zerrüttung der Ehe nicht festgestellt ist oder die Scheidung für den Antragsgegner eine schwere Härte bedeuten würde. Ferner kann die gerichtliche Trennung schon erfolgen, wenn seit der Heirat noch kein Jahr vergangen ist. Das Verfahren zur gerichtlichen Trennung entspricht dem der Scheidung mit dem Unterschied, dass das decree of judicial separation nicht zweistufig als vorläufiges und endgültiges Urteil ergeht. Zusammen mit der Entscheidung über die Trennung oder im Anschluss daran kann das Gericht auch Folgeanordnungen wie bei einer Scheidung, insbesondere zur Vermögensübertragung und zum Unterhalt erlassen.

 

Rz. 39

Folge der gerichtlichen Trennung ist, dass die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft offiziell beendet wird, und dass das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erlischt, solange die Parteien tatsächlich getrennt leben. Testamentarische Verfügungen zugunsten des anderen Ehegatten bleiben jedoch wirksam und müssen gesondert aufgehoben werden. Da das englische Erbrecht Erbverträge mit Bindungswirkung nicht kennt, kann dies in England jeder Ehegatte einseitig regeln, selbst wenn ein gemeinschaftliches Testament errichtet wurde. Sofern jedoch zwischen Ehegatten ein Erbvertrag nach deutschem Recht besteht, gilt dieser bei gerichtlicher Trennung unverändert weiter, so dass ein Ehegatte die Scheidung beantragen müsste, sofern ihm nicht ein Rücktrittsrecht vorbehalten ist oder die Parteien den Vertrag einverständlich aufheben. Anders als nach einer Scheidung behalten Ehegatten bei der Trennung die Rechte auf eine etwaige Witwenpension, was früher öfters dazu geführt hat, dass ältere Ehepartner die juristische Trennung der Scheidung vorgezogen haben. Seitdem jedoch die Gerichte gem. s. 24 B-C MCA 1973 die Aufgabe haben, im Fall der Scheidung auch die Pensionsanwartschaften auszugleichen, hat die juristische Trennung weitgehend ihre praktische Bedeutung verloren. Heute wird sie in der Regel nur noch betrieben, wenn ein Ehegatte aus persönlichen (z.B. religiösen) Gründen zwar keine Scheidung wünscht, aber Antrag auf finanziellen Ausgleich wie bei einer Scheidung stellen will.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge