Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
1. Persönliche Voraussetzungen
Rz. 1
Voraussetzungen für eine gültige Ehe in England und Wales sind:
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Die Ehepartner dürfen miteinander weder in gerader Linie noch als Geschwister oder als Onkel/Tante bzw. Neffe/Nichte verwandt sein. Regelmäßig nicht zugelassen werden ferner Ehen zwischen verschwägerten Personen, wobei es insbesondere im Fall des Todes eines Partners Befreiungen geben kann. |
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Braut und Bräutigam müssen für eine wirksame Ehe mindestens das 16. Lebensjahr vollendet haben. Bis zur Volljährigkeit mit 18 Jahren dürfen Trauungen nur mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten oder mit Zustimmung des Gerichts stattfinden. |
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Keiner der Partner darf noch wirksam verheiratet oder Partner einer Civil Partnership sein. |
Die Einschränkung, dass nur gemischt-geschlechtliche Ehegatten eine Ehe eingehen dürfen, wurde dagegen durch den Marriage (Same Sex Couples) Act 2013 abgeschafft. Seitdem gilt der Begriff "Ehe" in allen englischen Gesetzen in gleicher Weise für heterosexuelle wie für homosexuelle Ehepaare.
2. Nichtige und anfechtbare Ehen
Rz. 2
Das englische Recht unterscheidet zwischen von Anfang an nichtigen (void) und anfechtbaren (voidable) Ehen. Nichtig sind Ehen, wenn sie gegen einen der in Rdn 1 aufgeführten, zwingenden Grundsätze verstoßen, zwingende Formvorschriften außer Acht gelassen wurden oder die Heirat von einer unzuständigen Stelle vollzogen wurde. Die Nichtigkeit der Ehe muss nicht gerichtlich bestätigt werden, jedoch ist jeder Ehegatte zu einer entsprechenden Feststellungsklage berechtigt, die auch noch nach dem Tod des anderen erhoben werden kann.
Rz. 3
Anfechtbar sind Ehen, wenn
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(1) die Ehe nicht vollzogen wurde, weil ein Ehegatte dazu nicht in der Lage war oder dies verweigerte; |
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(2) bei der Heirat kein übereinstimmender Ehewille aufgrund eines Zwangs oder Irrtums, der Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten oder aus einem sonstigen Grund bestand; |
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(3) ein Ehegatte im Zeitpunkt der Heirat an einer geistigen Erkrankung litt, die ihn aufgrund ihrer Art oder des Umfangs als für eine Ehe nicht geeignet erscheinen lässt; |
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(4) ein Ehegatte im Zeitpunkt der Heirat an einer ansteckenden Geschlechtskrankheit litt; |
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(5) die Ehefrau bei der Heirat von einem anderen Mann schwanger war. |
Rz. 4
Anfechtbare Ehen gelten zunächst als wirksam. Erst mit Rechtskraft des Aufhebungsurteils gelten sie als unwirksam, so dass insbesondere Kinder aus solchen Ehen ehelich geboren sind.
Rz. 5
Das Anfechtungsverfahren entspricht formal weitgehend dem Scheidungsverfahren. Bis auf die in (1) und (2) genannten Fälle muss die Anfechtungsklage innerhalb von drei Jahren ab Eheschließung erhoben werden. Sofern der Beklagte nachweist, dass der Kläger die in (4) und (5) genannten Gründe bereits bei Eheschließung kannte oder dass der Kläger zwar Kenntnis von der Anfechtbarkeit hatte, sich aber so verhalten hat, dass der Beklagte auf den Fortbestand der Ehe vertrauen durfte, muss das Gericht die Anfechtungsklage zurückweisen.
Rz. 6
Das Gericht kann sowohl nach Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe als auch infolge der Anfechtung der Ehe (beides als decree of nullity bezeichnet) Regelungen zur finanziellen Unterstützung eines Ehegatten oder Kindes wie bei einem Scheidungsverfahren treffen (vgl. hierzu Rdn 50 ff.). Da die Anfechtungsklage sowohl im Hinblick auf die formalen Verfahrensregeln als auch die materiellen Folgen dem Scheidungsverfahren ähnelt, hat sie heute nur noch geringe praktische Bedeutung; vorteilhaft kann sie aber im ersten Jahr der Ehe sein, in dem eine Scheidungsklage generell ausgeschlossen ist.
Rz. 7
Die internationale Zuständigkeit der englischen Gerichte für Feststellungsklagen bezüglich der Nichtigkeit einer Ehe und Anfechtungsklagen richtet sich nach den gleichen Regeln wie bei einem Scheidungsverfahren (vgl. Rdn 47). Bei Feststellungsklagen nach dem Tod eines Ehegatten ist die Zuständigkeit i.Ü. gegeben, wenn der Verstorbene sein Domizil oder während des letzten Jahres vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt in England hatte.