Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
Rz. 69
Nachdem mit den normalen financial provision orders der Wert etwaiger Pensionsansprüche nur unzureichend durch andere Vermögenstransfers ausgeglichen werden konnte, hat der Gesetzgeber seit 1996 umfangreiche Möglichkeiten zum Versorgungsausgleich eingeführt. Dabei wird zwischen den pension attachment orders (gem. ss. 25B-D MCA 1973) und den pension sharing orders (gem. ss. 21A, 24B-D MCA 1973) unterschieden.
1. Pension Attachment Orders
Rz. 70
Mit den pension attachment orders erhielten die Gerichte ab 1.8.1996 die Möglichkeit anzuordnen, dass von künftigen Pensionen, Renten oder Lebensversicherungssummen des einen Ehegatten ein bestimmter Prozentsatz direkt dem anderen Ehegatten auszuzahlen ist. Da sich die Inhaberschaft der Anwartschaften nicht ändert, sondern die Versorgungsträger nur die direkte Auszahlung an den berechtigten Ehepartner bei Fälligkeit der Auszahlung vormerken, werden diese Anordnungen auch "Earmarking-orders" genannt. Zu beachten ist, dass es sich dabei nach englischem Verständnis nicht um einen eigenen Anordnungstyp handelt, sondern um Ausformungen der financial provision orders in Form einer laufenden (Renten-)Zahlung oder einer Einmalauszahlung. Besonderheit der ss. 25B-D MCA 1973 ist lediglich, dass die Ausgleichsverpflichtung des belasteten Ehegatten zeitlich aufgeschoben wird und die Erfüllung dieser Verpflichtung bei Fälligkeit unmittelbar durch den Versorgungsträger erfolgt. Diese Konstruktion führt jedoch dazu, dass das Gericht eine bei Scheidung getroffene Anordnung bis zur tatsächliche Auszahlung wieder abändern kann (vgl. s. 31(2) MCA 1973) und die Auszahlungsverpflichtung entfällt, wenn der Berechtigte verstirbt oder wieder heiratet. Ein weiterer Nachteil der pension attachment orders liegt darin, dass die direkte Auszahlung nur bezüglich eines festen Prozentsatzes aus den künftigen Pensionen angeordnet werden kann, so dass die konkrete Höhe der Versorgung bei Scheidung häufig noch nicht abzusehen ist oder sogar – im Fall einer rein privaten Rente, bei der kein fester Lohnanteil abgeführt wird – von den weiteren Einzahlungen des belasteten Ehegatten abhängt. Vorteile können die pension attachment orders dagegen in den Fällen haben, bei denen zwar der aktuelle Wert der Rentenanwartschaft sehr niedrig ist, aber ein hoher Wertzuwachs bis zur Auszahlung zu erwarten ist, oder bei denen hohe Auszahlungen im Fall des vorzeitigen Todes des Berechtigten im Vordergrund stehen. Ein solcher Risikolebensversicherungsschutz ist beispielsweise Bestandteil vieler Firmenpensionen (sog. death in service benefits) und kann ebenfalls durch das Gericht belastet werden. In der Praxis sind jedoch die pension attachment orders seit Einführung der echten Pensionsteilung eher selten und unbeliebt.
2. Pension Sharing Orders
Rz. 71
Die Möglichkeit der Pensionsteilung wurde durch den Welfare Reform and Pensions Act 1999 in die ss. 21A, 24A-D des MCA 1973 integriert. Mit den pension sharing orders können die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehenden Anwartschaften bei den meisten – vom Gesetz näher definierten – privaten und staatlichen Pensionssystemen unmittelbar geteilt werden. Das Gericht bestimmt dabei, welcher Prozentsatz der Anwartschaft als sog. Bartransfersumme innerhalb von vier Monaten nach Erlass des endgültigen Scheidungsurteils von einer Kasse zur anderen übertragen wird. Pension sharing orders können – wie sonstige Vermögensübertragungen auch – nach der Scheidung nicht mehr abgeändert werden.
3. Auswahl und Umfang der Anordnungen
Rz. 72
Pension attachment orders und pension sharing orders dürfen bezüglich des gleichen Anwartschaftsrechts nebeneinander nie angeordnet werden. Welche Anordnung getroffen wird, hängt vorrangig vom Antrag der Beteiligten ab. Das Gericht ist aber gem. s. 25A (1) MCA 1973 gebunden, bei allen Scheidungsfolgenverhandlungen in seine Prüfung einzubeziehen, ob Pensionsanwartschaften bestehen und ob ein Ehegatte durch den Verlust einer Altersversorgung im Scheidungsfall Nachteile hat. Dies muss aber nicht in jedem Fall dazu führen, dass eine der beiden Anordnungen erlassen wird, da der Wert der Pensionen auch durch andere Maßnahmen (z.B. Übertragung einer Immobilie) ausgeglichen werden kann. Eine solche "offsetting order" wird in der Praxis bei wohlhabenderen Vermögensverhältnissen häufig angestrebt, da der mit einer Pensionsteilung belastete Ehegatte meist keine Möglichkeit hat, die steuerbegünstigten Pensionen durch eigene Nachzahlungen wieder aufzufüllen. Anders als beim deutschen Versorgungsausgleich ist der Anteil der zu übertragenden Anwartschaften weder bei den pension attachment orders noch bei den pension sharing orders ge...