Rz. 34
Besonderen Regeln unterliegt der trust, der sowohl unter Lebenden (inter vivos trust) als auch von Todes wegen im Testament (testamentary trust) begründet werden kann. Letzteres hat in England große Bedeutung, da insbesondere längerfristige oder flexible Erbfolgegestaltungen nur auf diese Weise erreichbar sind (siehe dazu Rdn 61). Insgesamt handelt es sich dabei überwiegend um Gestaltungen, die z.B. dem deutschen Recht im rechtlichen "Kleid" des Erbrechts (z.B. in Form einer Vor- und Nacherbfolge oder Dauertestamentsvollstreckung) keineswegs fremd sind. Vom Wesen her handelt es sich dabei also funktionell um Verfügungen von Todes wegen, so dass im deutschen Kollisionsrecht der testamentary trust grundsätzlich erbrechtlich qualifiziert wurde. Dem scheint auf den ersten Blick die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 Buchst. j) EuErbVO entgegenzustehen. Wie sich aus Erwägungsgrund 13 der EuErbVO ergibt, soll der Ausschluss vom Anwendungsbereich aber nur die Elemente umfassen, die nicht als erbrechtlich zu qualifizieren sind, d.h. die Funktionsweise des trust betreffen, die ggf. gemäß Art. 31 EuErbVO an das Sachenrecht des Belegenheitsstaates anzupassen sind. Für die typisch erbrechtlichen Gestaltungselemente im testamentary trust ist dagegen der Anwendungsbereich der EuErbVO eröffnet, so dass das nach der Verordnung ermittelte Erbfolgestatut im Prinzip über den Übergang der Vermögenswerte und die Bestimmung der Berechtigten (i.S.v. Art. 23 Abs. 2 EuErbVO) entscheidet.
Rz. 35
Aus englischer Sicht ist für die kollisionsrechtliche Anknüpfung aller trusts seit 1987 allein der Recognition of Trust Act 1987 maßgebend, mit dem das Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht vom 1.7.1985 umgesetzt wurde. Da das Gesetz allgemein verbindliche Kollisionsnormen aufstellt, ergibt sich das anwendbare Recht – unabhängig von einer Umsetzung des Abkommens in anderen Ländern – gemäß Art. 6 des Übereinkommens in erster Linie aus der Rechtswahl des Begründers (settlor). Ist eine solche nicht erfolgt oder wurde ein Recht gewählt, das trusts nicht kennt, wie z.B. das deutsche, erfolgt die Anknüpfung an das Recht, mit dem der trust die engste Verbindung aufweist. Art. 7 des Übereinkommens enthält dazu verschiedene Beispiele, insbesondere den Ort der Verwaltung des trust oder den gewöhnlichen Aufenthaltsort des trustee. Das so ermittelte Recht regelt gemäß Art. 9 des Übereinkommens grundsätzlich alle Fragen zur Gültigkeit der trust-Errichtung, seiner Wirkungen und seiner Verwaltung.
Rz. 36
Mit der Begründung eines trust kann damit zum einen auf die Vermögenszuordnung unter Umgehung des Erbstatuts Einfluss genommen werden. Ein Beispiel dafür wäre die Errichtung eines inter vivos trust mit Wahl des englischen Rechts bzw. Verwaltung in England durch einen Erblasser, der sein letztes Domizil in Deutschland hat, so dass Erbstatut für das bewegliche Vermögen ansonsten deutsches Recht wäre.
Rz. 37
Zum anderen wird für in England belegenes Vermögen, das zu Lebzeiten in einen trust eingebracht wird, die zwingende Nachlassabwicklung durch den personal representative des Begründers entbehrlich. Zu beachten ist aber, dass immer dann, wenn eine natürliche Person alleiniger trustee ist, das Vermögen bei deren Tod zunächst an deren personal representative fällt, der dann einen neuen trustee bestellen muss. Sofern eine Nachlassabwicklung dauerhaft vermieden werden soll, empfiehlt es sich daher, mehrere trustees – sei es nebeneinander oder jeweils ersatzweise – oder eine trust-corporation zu bestellen. Ferner hat jeder trustee das Recht, weitere co-trustees zu bestellen, die dann auch das Amt im Falle seines Todes weiterführen könnten.