Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
I. Gütertrennung
Rz. 8
Wie England kennt Schottland kein gesetzliches oder vertragliches Güterrecht, so dass immer das Prinzip der Gütertrennung gilt – allerdings mit der Möglichkeit weitreichender Ausgleichsanordnungen des Gerichts im Scheidungsfall (vgl. Rdn 14 ff.). Für die Eigentumszuordnung sind damit die allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätze maßgeblich. Zwar können dabei wie im englischen Recht auch Trust-Verhältnisse zwischen den Ehegatten begründet werden, jedoch seit dem Requirement of Writing (Scotland) Act 1995 nicht mehr konkludent, sondern nur unter der Bedingung, dass die Existenz des Trusts durch ein vom Trustee unterschriebenes Schriftstück bewiesen wird.
II. Ehelicher Unterhalt
Rz. 9
Während der Ehe sind die Ehegatten einander – wie auch gegenüber Kindern – gem. s. 1 Family Law (Scotland) Act 1985 zum Unterhalt verpflichtet, dessen Höhe und Ausgestaltung im Ermessen des Gerichts liegt. Zuständig sind sowohl der Court of Session als auch die sheriff courts. Das Gericht kann dabei sowohl periodische Leistungen als auch Einmalzahlungen für einen Sonderbedarf anordnen, im Ausnahmefall auch rückwirkend für die Zeit vor Antragstellung. Im Unterschied zum nachehelichen Unterhalt darf es jedoch in keinem Fall den laufenden Unterhalt als Einmalzahlung pauschalieren. Die konkrete Höhe des Unterhalts soll in erster Linie an die Bedürfnisse und Vermögensverhältnisse beider Ehegatten und deren Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen, angepasst werden.
Rz. 10
Zu beachten ist, dass Schottland grundsätzlich Unterhaltsvereinbarungen anerkennt. Nach s. 7 (1) FL(S)A 1985 ist dabei jedoch der Verzicht auf Unterhalt oder dessen Einschränkung unwirksam, es sei denn, der Vertrag war bezogen auf den Zeitpunkt, als er geschlossen wurde, in jeder Hinsicht fair und vernünftig. Bei Beurteilung dieses Fairness-Maßstabes spielen in der Praxis nicht nur der Vertragsinhalt, sondern auch die äußeren Umstände des Vertragsabschlusses eine Rolle. Insbesondere wenn die Parteien unabhängigen juristischen Rat hatten, wird vom Gericht eher unterstellt, dass auch der Vertragsinhalt ausgewogen ist. Wurden in der Unterhaltsvereinbarung Zahlungsverpflichtungen geregelt, können diese vom Gericht abgeändert oder aufgehoben werden, wenn nach dem Vertragsabschluss eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist.
III. Kollisionsrecht der Ehefolgen
Rz. 11
An den Europäischen Güterrechtsverordnungen hat sich Schottland nicht beteiligt.
Das Kollisionsrecht der Ehefolgen wurde in s. 39 Family Law (Scotland) Act 2006 erstmals gesetzlich geregelt. Sofern die Ehegatten dazu keine Vereinbarungen treffen, gelten folgende Grundsätze:
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Die Rechte der Ehegatten an Immobilien richten sich nach deren jeweiligem Belegenheitsrecht (lex rei sitae). |
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Das Güterrecht am sonstigen Vermögen richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem das gemeinsame Domizil der Ehegatten liegt. Verlegen diese ihr Domizil während der Ehe, bleiben die bis dahin bereits begründeten Rechte jedes Ehegatten ausdrücklich weiterbestehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass Schottland von der grundsätzlichen Wandelbarkeit der Anknüpfung ausgeht. |
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Unklar bleibt das anwendbare Güterrecht, wenn das Domizil der Ehegatten nicht übereinstimmt. S. 39 (3) FL(S)A 2006 sieht für diesen Fall vor, dass dann die Eigentumsrechte der Ehegatten an einzelnen beweglichen Vermögensgegenständen so wie unmittelbar vor der Ehe behandelt werden sollen. Da sich diese gesetzliche Regelung nur auf die Eigentumsverhältnisse bezieht, darüber hinaus aber nicht zur Bestimmung des ehelichen Güterstandes geeignet ist, wird man dafür weiter auf die allgemeinen (d.h. gesetzlich nicht geregelten) Kollisionsregeln zurückgreifen müssen. Für die Ermittlung des Güterstandes wird es daher, sofern man im Einzelfall nicht von einer (konkludenten) Rechtswahl der Beteiligten ausgehen kann, auf die engste Verbindung der Ehegatten zu einem Domizilland ankommen. |
Rz. 12
Zu beachten ist, dass von diesen Kollisionsregeln nicht der Ehegattenunterhalt, die Scheidung und das gesamte Scheidungsfolgenrecht (einschließlich eines etwaigen Vermögensausgleichs) umfasst sind, sondern dass für diese Verfahren weiterhin – wie in England – der Grundsatz gilt, dass schottische Gerichte ihr eigenes Recht als lex fori anwenden, sofern sie international zuständig sind.