I. Nachlassverfahren in Schottland
Rz. 45
Wie bereits erwähnt, folgt auch Schottland dem Grundsatz, dass unabhängig vom Erbstatut der inländische Nachlass nur durch einen executor nach schottischem Recht (als lex fori) abgewickelt werden darf. Damit wird ein Nachlassverfahren in Schottland zur Bestellung als executor in der Regel unumgänglich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt gemäß s. 2, 3 Administration of Estates Act 1971 für englische, walisische oder nordirische Zeugnisse, die in Schottland ohne weiteres Verfahren anerkannt werden, wenn der Erblasser in diesen Landesteilen sein letztes Domizil hatte. War dagegen das Domizil in Deutschland und ist Nachlass sowohl in England als auch in Schottland belegen, muss für jede Rechtsordnung ein eigenes Verfahren durchgeführt werden.
Rz. 46
Wie in England unterscheidet man zwischen streitigen Verfahren, die im Wege der Klage beim schottischen Court of Session geführt werden, und den nichtstreitigen Nachlassverfahren, die den Regelfall bilden. Für Letztere ist der sheriff court zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser sein letztes Domizil hatte; war dieses im Ausland oder lässt sich dieses innerhalb Schottlands nicht lokal bestimmen, ist der Edinburgh sheriff court zentral zuständig. Einheitliche Verfahrensvorschriften wie in England liegen nicht vor, so dass sich der Verfahrensablauf zum Teil aus Spezialvorschriften, überwiegend aber aus der allgemeinen Verfahrenspraxis ergibt.
II. Nichtstreitiges Verfahren
Rz. 47
Während der executor-nominate unmittelbar seine Bestätigung (confirmation) beim zuständigen sheriff court veranlassen kann, muss der potentielle executor-dative in einem zweistufigen Verfahren zunächst beim Gericht beantragen, als Nachlassabwickler zugelassen zu werden. In dem Antrag sind die Umstände des Todes sowie die Gründe für die Berechtigung zur Bestellung als executor-dative anzugeben und durch entsprechende Zeugnisse (Personenstandsurkunden usw.) zu belegen. Insbesondere muss der Antragsteller nachweisen, dass etwaige executor-nominates sowie alle Berechtigten aus vorrangigen Rangordnungen das Amt nicht annehmen. Gleichrangig Berechtigte, die noch keinen Antrag gestellt haben, müssen weder vom Antragsteller noch vom Gericht benachrichtigt oder angehört werden, sofern sie bei Gericht keinen Vorbehalt (sog. caveat, der monatlich erneuert werden muss) angemeldet haben.
Rz. 48
Ebenfalls nur den executor-dative betrifft die Pflicht, eine Bürgschaft (bond of caution) in Höhe des Gesamtnachlasses zu hinterlegen, die sichern soll, dass das Amt ordnungsgemäß ausgeführt wird. Wegen der strengen Anforderungen an den Bürgen kommen dafür in der Praxis nur schottische Versicherungsgesellschaften in Betracht, die in der Regel feste Beiträge abhängig vom Wert des Nachlasses verlangen.
Rz. 49
Praxishinweis:
Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen in Deutschland, die auch Nachlass in Schottland umfassen, sollte darauf geachtet werden, ausdrücklich einen executor-nominate zu bestellen, um diese zusätzlichen und kostentreibenden Anforderungen zu vermeiden. Insbesondere die Stellung der Bürgschaft kann Schwierigkeiten bereiten, wenn ein Antragsteller im Ausland lebt.
Rz. 50
Das Verfahren der confirmation ist sodann für beide executor-Arten gleich. Dem Antrag sind i.d.R. folgende Unterlagen beizufügen:
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Ein detailliertes Inventar, in das der gesamte bewegliche und unbewegliche Nachlass mit Wertangaben aufzunehmen ist. Sofern das letzte Domizil des Erblassers in Schottland lag, muss dieses das gesamte Vermögen im Vereinigten Königreich umfassen, ansonsten genügt die Auflistung des schottischen Vermögens. Dieses Inventar muss auf einem Formblatt der Steuerbehörden erfolgen, das in einem zweiten Teil auch die Eigenberechnung der Nachlasssteuer (Inland Revenue Account) enthält. |
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Das letzte Testament im Original, soweit ein solches errichtet wurde. Sofern diesem nicht die Gültigkeitsvermutung eines ordnungsgemäßen Zeugentestaments zukommt, müssen ferner die affidavits zweier unabhängiger Zeugen (bzw. bei nach dem 1.8.1995 errichteten Testamenten nur eines Zeugen) beigebracht werden, in denen die formellen Voraussetzungen, insbesondere die Eigenhändigkeit der Unterschrift des Erblassers, bestätigt werden. |
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Die beeidete Erklärung des executor (sog. Oath), in der er sämtliche relevanten Umstände des Erbfalls darstellt und die Richtigkeit des Inventars versichert. Sollen mehrere Personen bestellt werden, genügt der Eid von einem von ihnen. |
Rz. 51
Bei kleinen Nachlässen im Bruttowert von bis zu 36.000 £ kann der executor ein vereinfachtes Verfahren wählen, bei dem er sämtliche erforderlichen Erklärungen unter Mitwirkung des sheriff courts erstellen kann. Dies schließt auch die Bestellung als executor-dative ein, macht aber die Stellung des bond of caution nicht entbehrlich. Ob das Verfahren auch bei einem aus...