Catharina von Hertzberg, Dr. iur. Felix Odersky
Rz. 19
Anders als das englische Recht kennt Schottland traditionell die Möglichkeit, Scheidungsfolgen durch vertragliche Vereinbarungen (auch schon vor oder während der Ehe) zu regeln. Diese Vereinbarungen konnten sogar den Verzicht auf finanzielle Anordnungen bei Scheidung enthalten und durften nur unter allgemeinen Vertragsanfechtungsregeln (wie z.B. aufgrund Irrtums oder undue influence) vom Gericht für nichtig erklärt werden. Durch s. 16 FL(S)A 1985 wurden jedoch die Kontrollmöglichkeiten des Gerichts erweitert, wobei dies sowohl Scheidungsvereinbarungen als auch Eheverträge, die bereits vor oder nach der Heirat geschlossen wurden (ante-nuptial agreements), betrifft:
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Zum einen kann das Gericht jede Vereinbarung, in der sich ein Ehegatte zum laufenden Unterhalt verpflichtet, bei Scheidung oder zu einem späteren Zeitpunkt abändern oder aufheben; |
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zum anderen kann das Gericht im Zusammenhang mit der Scheidung den Vertrag aufheben oder abändern, wenn er bereits zu dem Zeitpunkt, als er geschlossen wurde, nicht fair and reasonable war. Nachträgliche Änderungen der Lebensumstände darf das Gericht dabei aber nicht berücksichtigen. |
Rz. 20
Die Beweislast für die Tatsache, dass ein Vertrag nicht fair war, liegt beim Kläger. Ganz maßgebliche Bedeutung kommt dabei den äußeren Umständen zu, unter denen ein Vertrag geschlossen wurde. Insbesondere achten die Gerichte darauf, dass beide Parteien unabhängigen juristischen Rat hatten. In der Praxis sind die Gerichte in Schottland eher zurückhaltend, vertragliche Vereinbarungen aufzuheben, da das allgemeine Ziel, dass die Parteien in Selbstverantwortung einen clean break erreichen sollen, nicht zu sehr eingeschränkt werden soll.