Ausnahmen

Die Befugnis zu selbstständiger Verwaltung kann allerdings bei Verfügungen über den Grundbesitz eingeschränkt sein. Wichtigster Fall ist dabei die Einengung der Dispositionsfreiheit, wenn es "ums Ganze geht":

Verfügung über Vermögen im Ganzen

Nach § 1365 Abs. 1 BGB kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Dies gilt auch für Rechtsgeschäfte über einen einzelnen Vermögensgegenstand, der das ganze oder nahezu das ganze Vermögen ausmacht. Hierzu zählt vor allem der Grundbesitz, der häufig das wesentliche Vermögen eines Ehegatten darstellt. Will also in einem solchen Fall der Ehegatte das Grundstück, die Eigentumswohnung, seinen Miteigentumsanteil oder dergleichen veräußern, so ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nur wirksam, wenn der andere Ehegatte zustimmt.

Sinn der Regelung

Durch diese gesetzliche Regelung soll insbesondere erreicht werden, dass der Familie die wirtschaftliche Grundlage erhalten bleibt. Ferner kann im Einzelfall der zustimmungsberechtigte Ehegatte vor einer Gefährdung seiner zukünftigen Zugewinnausgleichsforderung geschützt werden.[1] Mitunter ist der Zugewinnausgleich noch als abgetrennte Folgesache des Scheidungsverfahrens im Streit. Die während der Anhängigkeit der Folgesache erfolgte Verfügung eines Ehegatten über sein gesamtes Vermögen bedarf entsprechend § 1365 BGB auch nach Eintritt der Scheidungsrechtskraft der Zustimmung des anderen Ehegatten.[2]

Gleichwohl ist die Entscheidung über den Zugewinnausgleichsanspruch nicht vorgreiflich für die Frage, ob ein Fall des § 1365 Abs. 1 BGB vorliegt.[3]

Die Absicht des verfügenden Ehegatten, seinen drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern oder doch hinauszuschieben, hindert die Anwendung des § 1365 BGB nicht.[4]

Das Zustimmungserfordernis nach § 1365 BGB ist in der Praxis von erheblicher Bedeutung, wie schon die zahlreichen hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen zeigen. Daher wird diese Vorschrift im Folgenden ausführlicher dargestellt.

2.2.1 Grundbesitz als Vermögen im Ganzen

Wertvergleich

Um feststellen zu können, ob der von der Verfügung betroffene Grundbesitz fast das gesamte Vermögen eines Ehegatten darstellt, ist ein Wertvergleich erforderlich. Zu klären ist: In welchem Verhältnis steht der objektive Wert des Geschäftsobjekts zu dem objektiven Wert des nicht betroffenen Vermögens?

Inzwischen haben sich genauere Grenzen dafür herausgebildet, wie groß der Vermögensbruchteil, über den verfügt wird, noch sein darf, um von dem Einwilligungserfordernis abzusehen. Insbesondere hat der BGH seine Rechtsprechung näher präzisiert. Zu unterscheiden ist zwischen größeren und kleineren Vermögen, die bis zu einem Wert von rund 50.000 EUR reichen. Verbleiben dem verfügenden Ehegatten bei einem größeren Vermögen Werte von 10 % seines ursprünglichen Gesamtvermögens, ist der Tatbestand des § 1365 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht erfüllt. Demgegenüber ist die Grenze bei einem kleineren Vermögen bei 15 % anzunehmen.[1] Oder umgekehrt ausgedrückt: In der Regel wird ein zustimmungsfreies Geschäft dann anzunehmen sein, wenn die Vermögensverfügung maximal 85 % des ursprünglichen Gesamtvermögens erfasst:

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung eines kleineren Vermögens

Will ein Ehegatte, dessen (kleineres) Gesamtvermögen sich auf 45.000 EUR beläuft, sein Grundstück im Wert von 38.000 EUR (= 84 % des Gesamtvermögens) veräußern, bedarf es hierzu in der Regel keiner Zustimmung des anderen Ehegatten.

Sonderfall Immobilie

Diese Prozentsätze dienen jedoch lediglich der Orientierung und können im Einzelfall anders gewertet werden. So stellt eine Verfügung über einen ¾-Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft dar, wenn der verbleibende ¼-Miteigentumsanteil durch Belastungen und Veräußerungsbeschränkungen praktisch wertlos ist.[2]

2.2.2 Prüfung durch Grundbuchamt

Eingeschränkte Prüfungspflicht

Hat ein im gesetzlichen Güterstand lebender Grundstückseigentümer über ein ihm gehörendes Grundstück ohne Zustimmung des Ehegatten verfügt, darf das Grundbuchamt seine Verfügungsbefugnis nur anzweifeln, wenn konkrete Anhaltspunkte sowohl für die objektiven als auch subjektiven Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB bestehen. Doch was bedeutet das konkret? Welche Anforderungen sind an die dem Grundbuchamt zugetragenen Tatsachen zu stellen?

Rechtsprechung des BGH

Der BGH[1] baut für den widersprechenden Ehegatten hohe Hürden auf: Das Grundbuchamt muss einen Wid...

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